Gästebericht Perú - Bolivien 2007

Bericht von Karin Simon, Teilnehmerin der Freundeskreisreise

Peru - Bolivien

vom  30.09.  bis 27.10.2007

Peru 1BolivienPeru 2MachupicchuAmazonien

30.09.07

Voller Vorfreude trafen wir uns  - wie üblich bei den Reisen des Freundeskreises - von verschiedenen Heimatflughäfen anreisend alle in Madrid, wo Thomas uns begrüßte und die Teilnehmer sich bekannt machten bzw. alte Bekannte sich  “um den Hals” fielen.

Der folgende Flug über den großen Teich und später über die hohen Anden verlief reibungslos, bis auf die Tatasche, dass in Lima das Gepäck von Thomas fehlte (das dann tatsächlich mit zwei Tagen Verspätung nach Nasca nachgesendet wurde..!!)

Wir übernachteten im eleganten Hotel Grand Bolivar direkt an der Plaza San Martin, einem sehr schönen Kolonialgebäude mit großzügig ausgestatteten Räumen. Jeder bewohnte eine Suite mit so vielen Türen, dass man sich schwer tat, wieder nach draußen zu finden.

Am gleichen Abend unternahmen wir noch einen Rundgang durch die beleuchtete Stadt. Die Schönheit der Holzbalkone, für die Lima berühmt ist, konnte man jetzt nur erahnen, jedoch die angestrahlten, glanzvollen Kolonialgebäude bewundern.

Um uns ein bisschen einzustimmen, kosteten wir in einer urigen Kneipe  - mit rustikalen Tischen und Bänken, zusammengezimmert aus Baumästen -  Pisco-Sour und heimisches Bier. Beides wurde, für uns etwas ungewohnt, in großen Krügen serviert, schmeckte aber toll, machte richtig gute Laune und sorgte für die nötige Bettschwere.

01.10.07

Als wir am Morgen starteten, war es neblig und kühl  - das typische Wetter an der Küste, nix prima Klima in Lima. Bevor wir uns endgültig auf den Weg in Richtung Süden machten, hielten wir kurz in Miraflores, dem feinen Ausgehviertel von Lima, das direkt an der Küste liegt. Während der Weiterfahrt klarte das Wetter nach und nach auf, so dass wir alles neben der Straße anschauen konnten, und das waren zunächst einmal endlose Armenviertel, die unter dem kürzlichen Erdbeben am meisten gelitten haben. Immer wieder sieht man Schutthaufen auf den Straßen -  das sind die Reste eingestürzter Hütten.  Die 7-Millionen-Stadt scheint hier aus allen Nähten zu platzen.  Ständig werden neue Unterkünfte auf freien Flächen errichtet, obwohl es da dort keinerlei Infrastruktur gibt,  dazu der karge Wüstenboden, auf dem nichts gedeihen kann. Anfangs wunderte ich mich über die oft riesigen eingezäunten Areale mit Hinweisen, dass es sich um Privatbesitz handele, bis mir klar wurde, dass man auf diese Weise Landbesetzungen verhindern will.

Wir fuhren Stunde um Stunde, vorbei an gewaltigen Sanddünen – manchmal war sogar die Straße ein bisschen zugeweht – bis wir, kurz vor Pisco, ins Epizentrum des Erdbebens, das diese Gegend einen Monat zuvor heimgesucht hatte, kamen. Es waren traurige Anblicke. In manchen Dörfern gab es nur Trümmerhaufen, dazwischen Zelte und Hinweise auf Gemeinschaftsküchen. Die Menschen versuchten mit Schaufeln, manchmal mit bloßen Händen, die Steinberge, die einmal ihre Häuser waren, abzutragen. Zwei Frauen quälten sich mit einer Decke ab, in die sie Steine zum Abtransport gepackt hatten. Einmal mussten wir einen Umweg nehmen, weil eine Straßenbrücke wie Dominosteine zusammengefallen war. Pisco, zu 70% zerstört, konnten wir natürlich nicht besichtigen. Wir fuhren gleich zur Halbinsel Paracas, die es zwar nicht ganz so schlimm erwischt hatte, aber doch schlimm genug, um die Menschen auch dort in Existenznöte zu bringen: Denn zusätzliche zu allem Unglück bleiben nun auch die Touristen, von der diese Region lebt, aus.

Ein Boot brachte uns zu den Islas Ballestas, auf deren Felsenklippen tausende Seevögel, Pinguine und Seelöwen leben. Leider lassen sich zu dieser Jahreszeit keine Tölpel  sehen.

Auf dem Weg zu den Inseln war am Ufer, auf einer riesigen Düne, der berühmte Kandelaber nicht zu übersehen -  ein großes Scharbild, jedoch anders konstruiert als die Nasca-Figuren. Alter, Ursprung und Zweck sind unbekannt, man vermutet, dass es in vorkolumbischer Zeit den Schiffen als Orientierung diente.

In einem kleinen, ebenfalls vom Erdbeben beschädigten Restaurant, aßen wir später leckeren frischen Fisch

Unsere nächste Station war Ica. Auch hier hatte das Erdebeben schlimme Schäden verursacht. Alle Kirchen – bis auf eine – sind zerstört oder müssen abgetragen werden. In dieser Stadt interessierte uns eine kuriose Steinsammlung von 14.000 Exemplaren, in die vor Urzeiten fantastische Zeichnungen eingraviert worden sein sollen. So gibt es Darstellungen von Sternkonstellationen, die es lange vor unserem Zeitalter gegeben hatte. Auch sind Weltkarten aus Zeiten zu sehen, als die Kontinente eine völlig andere Gestalt hatten. Was auch immer man davon halten mag – dieses Land ist ohnehin voller Rätsel - ,  mich hat die Sammlung sehr beeindruckt. Geführt wurden wir von dem Enkel des Entdeckers der Steine, der  sie nach einem Hochwasser in einem ausgewaschenen Flussbett gefunden hatte.

Es war bereits dunkel als wir Nasca erreichten. In diesen Regionen hat man immer das Gefühl, dass es schon sehr spät ist, weil bereits um 18 Uhr die Sonne untergeht. Das kleine Hotel gefiel uns gut. Die Zimmer waren um einen Innenhof gruppiert. Inge und ich teilten zum ersten Mal ein Zimmer. Zwar bevorzugen wir beide Einzelzimmer  (die aber nicht überall zu haben sind, da wir teils auch in recht kleinen familiären Hotels wohnten),  kamen aber gut miteinander aus. Zum Essen und Frühstücken gingen wir in ein sehr hübsches kleines Restaurant gleich nebenan. Dort gab es ein ganz vorzügliches Frühstück mit viel Obst und schmackhaften Sandwichs.

02.10.07

Heute stand der erste Höhepunkt der Reise auf dem Programm: Die Nasca-Linien. Uns wurde angeraten, erst nach dem Rundflug zu frühstücken, weil unserem Magen einiges abverlangt  werden würde. So schlimm wurde es dann aber gar nicht. Fünf Leute passten in ein Flugzeug (ich hatte das große Glück, neben dem Piloten zu sitzen). Damit alle die berühmten Linien, Tierbilder und geometrischen Figuren sehen konnten, überflogen wir sie zweimal in ziemlicher Schräglage. Ich war hell begeistert, dass die Figuren so deutlich zu erkennen sind. Da die Panamericano, die durch das Areal verläuft, aus der Vogelperspektive winzig klein aussieht,  kann man erahnen, wie riesig die Zeichnungen sein müssen.

Nachmittags unternahmen wir einen Ausflug in die Wüste. Dort führte uns ein junger Archäologe auf ein Feld, das mit unzähligen Knochen, Schädeln, langen Haarstränen, Textilien, Scherben und anderen Überresten menschlicher Herkunft übersäht war. Grabräuber hatten auf der Suche nach wertvollen Grabbeigaben die Gräber aufgebrochen und alles, was sie für wertlos hielten, einfach weggeworfen. Unser Führer hob treffsicher einige Scherben auf, um uns zu erzählen, welcher der drei pre-inkanischen Kulturen sie zuzuordnen sind. Mitnehmen durften wir natürlich nichts.

Anschließend bestaunten wir die riesige, aus Lehmziegel errichtete Tempel- und Pyramidenanlage von Cahuachi, die ein Areal von 24 km² umfasst und auf die frühe Nascakultur zurückgeführt wird. Viele Erdhügel warten noch darauf, ausgegraben zu werden.

Bevor wir in die Stadt zurückkehrten, besuchten wir eine kleines Museum, um uns anhand von Modellen zeigen zu lassen, wie auch noch heute Gold manuell gewonnen wird.

Der Rest des Nachmittags war frei, ich verbrachte ihn lesend in unserem kleinen Patio.

03.10.07

Bevor wir uns auf die Weiterfahrt nach Arequipa machten, besuchten wir das Gräberfeld von Cauchillo. Hier lagen die Mumien nicht einfach so verstreut herum, sondern wurden von Archäologen in den von ihnen geöffneten und jetzt sonnengeschützten Grabkammern so belassen, wie man sie gefunden hatte. In manchen Gräbern schienen ganze Familien zu hocken. Die Kleidung ist zum Teil erstaunlich gut erhalten, auffallend sind die außerordentlich langen Haarstränen, die man den Priestern zuordnet. In einem kleinen Museum sahen und hörten wir etwas über die Geschichte der Ausgrabungen.

Die Panamericana führte uns nun zunächst eine große Strecke an der Küste entlang, mit schwindelerregenden Abgründen und atemberaubenden Ausblicken auf den Pazifik. Viele mit Blumen geschmückten Kreuze am Straßenrand, hatte man - so redete ich mir ein -  zu Ehren von Heiligen errichtet. Nachdem die Straße landeinwärts verlief und wir längere Zeit durch ein gebirgige Wüstenlandschaft gefahren waren, erreichten wir ein kleines Städtchen in einer Fluss-Oase. Hier legten wir eine Pause ein, um in einem kleinen Café, zum ersten Mal auf dieser Reise, Coca-Tee zu trinken.

Es war schon dunkel, als wir in  Arequipa ankamen. Wir stiegen in einem Hostal mit großzügig ausgestatteten Zimmern ab. Während ich meinen Koffer deponierte, hörte ich Blasmusik. Neugierig ging ich auf den Balkon und erlebte eine Quechua-Demonstration mit Transparenten und Sprechchören. Für was sie demonstrierten, konnte ich leider nicht feststellen. Später, auf der Plaza de Armas, stellten die verschiedensten Indigenagruppen mit folkloristischen Tänzen und Kostümen ihre jeweilige Region vor.

Bei einem ersten Stadtbummel durch alte enge Gassen und vorbei an angestrahlten Kolonialgebäuden, trafen wir vor einem Restaurant einen sehr gesprächigen Deutschen, der allein unterwegs war, und uns zu unserer Tour beglückwünschte, denn er hatte alles bereits gesehen, was wir noch vor uns hatten.

04.10.07

Es war zu schade, dass uns nur ein Vormittag für diese Stadt blieb, die als die „Schöne“ und „Schaumgeborene“ bezeichnet wird, die sie in der Tat ist, denn die herrlichen Kolonialbauten sind aus Lavaschaum, dem weißen Sillargestein errichtet, die der oberhalb der Stadt liegende Vulkan Misti ausgespuckt hatte.

Wir nutzten die knappe Zeit, um alles Sehenswerte zu besuchen, zunächst die Kathedrale, die eine gesamte Front der Plaza einnimmt und nicht, wie üblich, die Stirnseite, sondern die Flanke dem Platz zuwendet, dann das besonders sehenswerte Hauptportal der Kirche La Compania, das sehr filigran aus Sillargestein gemeißelt und mit unzähligen Symbolen, auch aus der Nascakultur, dekoriert ist. Die Seitenaltäre im Innern, wie auch der Hauptaltar, sind üppig mit Blattgold verziert.

Nach einem Bummel über den Markt, wo wir uns mit Proviant versorgten, einige auch mit Sonnenhüten, hatten wir frei. Ich wollte unbedingt das Kloster Santa Catalina besuchen und freute mich, dass alle mit kamen.

Dieses 400 Jahre alte Kloster umfasst eine Fläche von 20.000 m² und ist eine Stadt in der Stadt. Man findet hier Straßen mit andalusischen Namen, wie Cordoba, Sevilla, etc, Gärten, Brunnen, Plätze, Höfe und Appartements für die einstigen Bewohnerinnen. Das waren meist die zweitgeborenen Töchter reicher Familien, die nicht verheiratet werden konnten. Voraussetzung für die Aufnahme in das Kloster war eine üppige Aussteuer. Da sie ihre Dienerinnen mitbrachten, lebten sie hier sehr bequem und angenehm. Waisenkinder, die auch aufgenommen wurden, fristeten dagegen ein trauriges Dasein. Sie mussten zur Selbstkasteiung auf mit Stroh, Asche, Steinen oder Stacheln gefüllten Matratzen schlafen.

Am frühen Nachmittag brachen wir dann in Richtung Chivay auf. Wir fuhren durch eine sehr schöne Landschaft, sahen Vicunas, Lamas und Alpakas. Man bemerkte gar nicht, dass wir peu á peu Höhen von etwa 4000 Metern erreicht hatten. Als wir aber auf der Passhöhe von 4.500 m für „banos naturales“ ausstiegen, hatte, zumindest ich, mit allen Symptomen der dünnen Luft zu kämpfen.

Als am Hotel unsere Koffer ausgeladen wurden, staunten wir nicht schlecht, dass wir zwei Gepäckstücke zu viel hatten: Die Rucksäcke von zwei Australiern, die sie in Arequipa im selben Raum des Hotels deponiert hatten wie wir, waren versehentlich in unseren Bus geladen worden. Das Gepäck sollte gleich mit dem Nachtbus zurückgeschickt werden, aber unser Hotelbesitzer, der Dorfpolizist, hielt das für zu unsicher, und deswegen machte sich seine Frau mit einem Taxi auf den Weg. Sie war die ganze Nacht unterwegs...

Vor dem Abendessen unternahmen wir, wie immer, einen kleinen Rundgang. Chivay ist ein indígenes Dorf. Man sah Einheimische in ihren Trachten und Frauen mit Lamas, die sie wie Hunde an der Leine führten.

05.10.07

Wir mussten ziemlich früh aufbrechen, weil die Kondore, die wir am Colca-Canyon beobachten wollten, die Thermik der morgendlichen Aufwinde nutzen, um sich in die Lüfte zu schwingen. Auf dem Weg dorthin konnte man verfolgen, dass man die Felder in der Flussoase zunächst flächig angelegt hat, später aber, wo sich das Tal verengt, immer mehr zum Terrassenanbau übergeht. Man sieht im Tal vereinzelt Häuser, manchmal kleine Ortschaften, und Menschen, die schon früh unterwegs waren, um ihre Äcker zu bestellen und das Vieh zu hüten.

Da wir ausreichend Zeit hatten, verließen wir den Bus an einer Stelle, wo man herrliche Einblicke in den Canyon hat, um dann zum Cruz del Condor zu laufen. Hier bekam ich die Höhenluft voll zu spüren. Obwohl ich meinen Stock mitgenommen hatte, fiel mir das Laufen schwer. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, bin ich langsam vorgelaufen, während die anderen schon den ersten Kondor beobachten konnten.

Am Cruz del Condor hatten sich inzwischen weitere Touristen eingefunden. Wir mussten geduldig warten, und dann, es ist unbeschreiblich, tauchten die Kondore plötzlich aus dem Canyon auf und zogen über uns am tiefblauen Himmel majestätisch ihre Kreise, so als wüssten sie um ihre Schönheit. Ich hatte in Patagonien schon Kondore gesehen, aber das war absolut nicht vergleichbar. Hier sahen wir sie aus einer völlig anderen Perspektive.

An der anschließenden kurzen Wanderung, bei der die anderen weitere Kondore, Adler und Chinchillas sahen, nahm ich wegen Kopfschmerzen vorsichtshalber nicht teil. Auch den Besuch des Thermalbades habe ich ausfallen lassen und bin stattdessen ein bisschen im Ort und auf dem Markt herumgebummelt.

06.10.07                                                                     nach oben

Nachts um 3 Uhr mussten wir aufbrechen, um noch vor 12 Uhr den Grenzübergang nach Bolivien zu erreichen, denn der wird mittags für zwei Stunden geschlossen. Mit Coca-Tee und Lunchpaketen versorgt, stiegen wir in den Bus, wo warme Decken bereit lagen, denn es war lausig kalt. Gegen die Höhenkrankheit hatte ich mich mit Aspirin gewappnet und fand mich damit ab, dass das von nun an zu einem täglichen Ritual wurde. Jedenfalls ging es mir wieder gut, und die beiden Passüberquerungen von 4500 m Höhe machten mir nun nichts mehr aus.

Im Morgenlicht erblickten wir zum ersten Mal den Titicacasee und fuhren eine Weile an ihm entlang.

In einem kleinen, sehr hübschen Dorf - Puno hatten wir längst hinter uns gelassen – stoppten wir an einem einfachen kleinen Restaurant, um uns mit einem warmen Getränk und einer leckeren dampfenden Suppe aufzumuntern.

Wenn man die Menschen an der Straße beobachtet, wird einem ziemlich schnell klar; wie ärmlich sie hier leben müssen. Man sah viehhütende Frauen, oft mit Baby auf dem Rücken und einer Handarbeit, und andere, die schwere Lasten trugen, auch Männer, die sich mit hochbeladenen Karren abquälten.

In einem Dorf fiel uns eine große Militärpräsenz auf. Gustavo, unser Fahrer erzählte, dass man hier kürzlich den korrupten Bürgermeister bei lebendigem Leibe verbrannt hatte. 

Die Grenze mussten wir zu Fuß passieren. Wir verabschiedeten wir uns von den beiden uns liebgewordenen peruanischen Fahrern und wurden von Victor Hugo aus Bolivien empfangen. Wie an allen Grenzstationen, so herrschte auch hier buntes Treiben.  Es wird gehandelt, verkauft, und alles mögliche angeboten. Um den Leuten ein bisschen Verdienst zu ermöglichen, mieteten wir Karren für die Gepäckbeförderung über die Grenze.

Jenseits der Grenze wartete der bolivianische Bus, dessen Fahrer ohne Rücksicht auf Verluste durch die Gegend heizte. Als wir in einem Vorort von La Paz aufgehalten wurden, weil sich Leute für einen Festumzug sammelten, rammte er beim Ausweichen einen Karren..

Zunächst fuhren wir nach Tiwanaku, einer großen Tempelanlage einer Vorinkakultur. Leider hat man während der Kolonialzeit den Komplex zum größten Steinbruch von La Paz für die Errichtung von Profanbauten degeneriert und ihn derart ausgeplündert, dass später Vieles rekonstruiert werden musste.

In einem Museum, wo man unzählige historische Steinmetzarbeiten zusammengetragen hat, gab Victor Hugo uns eine erste Deutung verschiedener Symbole, die uns auf unseren weiteren Besichtigungstouren immer wieder begegneten, wie Schlange, Puma und Kondor, und demonstrierte das an den Reliefs eines riesigen Monoliten, der den Wiracocha darstellt -  in der Mythologie der Indígenas ist er der Urvater aller Menschen – . Die Goldschätze, die man hier ausgegraben hatte, kann man in einem Museum in La Paz bestauen.

Interessant war hier, dass für die Stabilisierung der Mauern nicht, wie bei den Inkas, die Steine in einer leichten Neigung aufeinandergeschichtet, sondern mit Metallklammern verbunden sind. Wir wanderten von Tempel zu Tempel bis zum berühmten Sonnentor, dem bedeutendsten Kulturdenkmal der Andenwelt. Es ist  erstaunlich klein. Im Mittelpunkt steht der Wiracocha, sein Kopf ist umgeben von einem Strahlenkranz. Von beiden Seiten laufen geflügelte Wesen auf ihn zu, darunter ein Fries, das als Kalender gedeutet werden könnte.

Weil all die Kulturen keine Schrift kannten, kann man bei der Bewertung und Zuordnung der vielen Funde lediglich Hypothesen anhand von Darstellungen auf Keramiken, Webmustern und Grabbeigaben aufstellen. Die Inkas hatten eine Knotenschrift, die für Mengenregistrierungen verwendet wurde. Aber deren Kultur haben die Spanier erlebt und auch darüber berichtet.

Auf den Weg nach La Paz fährt man zunächst durch den Stadtteil Alto auf einer Höhe von 4.100 Metern. Hier oben in der dünnen Luft leben die Ärmsten der Armen. Heruntergekommene Behausungen, Unrat auf den Straßen, Menschen, die schwere Lasten auf den Rücken schleppen, Straßenverkäufer, schmutzige Kinder, streunende Tiere prägen das Straßenbild. Angesichts solcher Verhältnisse konnte ich nur feststellen, dass Cuba ein Paradies ist.

Ins Zentrum führt eine Serpentinenstraße. Von hier aus bestaunten wir die unendlichen Ausmaße der Stadt. Unser Hotel lag in der Nähe des Marktviertels. Auf den obligatorischen Stadtrundgang verzichteten wir in diesem Augenblick, denn wir hatten einen langen Tag hinter uns. Ich ließ sogar das Abendessen sausen.

07.10.07

Für die nächsten beiden Tage trennte ich mich von der Gruppe, weil ich mit meiner Schulfreundin Lotte verabredet war, die seit 35 Jahren in La Paz lebt. Wir hatten uns seit 50 Jahren nicht gesehen.

Beim Stadtrundgang begleiteten wir die anderen noch ein Stück, schauten die historischen Gebäude an der Plaza Murillo an, schlenderten über den Prado, durch alte Gassen und bewunderten mit ihnen gemeinsam eine interessante Maskenausstellung.

Dann gingen wir eigene Wege, besuchten die Casa de Murillo und das Museo de Metales, wo einige Metall- und Goldarbeiten ausgestellt sind, die man in Tiwanaku gefunden hatte.

Abends besuchte ich mit Lotte eine Peña. Die Peña ist eine folkloristische Veranstaltung mit Musik und Tänzen, zu denen solche Masken getragen werden, wie wir sie am Vormittag gesehen hatten. Jede Region vertritt einen eigenen Stil und Lotte wusste natürlich, aus welcher Gegend die jeweilige Gruppe kam. Nach dem Auftritt zogen sie weiter in ein anderes Lokal, so wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten. 

08.10.07

Um 9 Uhr holte Lotte mich wieder vom Hotel ab. Sie zeigte mir die kuriosen Dinge auf dem Hexenmarkt gleich um die Ecke, und bummelte mit mir durch die verschiedensten Läden, was besonders toll war, weil sie alle kunstgewerblichen Arbeiten und Webmuster der jeweiligen Region zuordnen konnte. Wir schlenderten über den Gemüse- und Blumenmarkt, gingen in die Kirche Peter und Paul und kämpften uns durch die Hauptgeschäftsstraße mit ihren vielen Verkaufsständen, wo Bücher, CDs und vieles andere angeboten wird, sogar Schreibdienste. Wir kamen auch an dem Mietshaus vorbei, in dem Evo Morales, der aktuelle Staats-Präsident wohnt.

Den Rest des Nachmittags verbrachten wir mit dem Austauschen von Erinnerungen und Erzählungen über unsere Leben.

Die anderen waren in die Yungas  - den Anden-Steilabfall ins Amazonasbecken -  gefahren, erlebten Nebel- und Regenwald, den Coca-Anbau und den Nervenkitzel der „Todesstrecke“  - der angeblich gefährlichsten Straße der Welt, abenteuerlich in die grün überwucherten Steilabfälle konstruiert.  -  Zum Abendessen traf ich wieder mit ihnen zusammen.

09.10.07

Wieder ging es früh los  - wir wollen das Tageslicht nutzen, denn “schlafen können wir zu Hause billiger”, wie Thomas dazu sagt. Wir hatten heute eine lange Fahrt bis zum Salzsee von Uyuni vor uns. Er ist mit einem Durchmesser von 200 km der größte Salzsee der Erde. Den größten Teil der Strecke legten wir auf einer Sandpiste zurück, und die hatte es in sich: Weil die eigentliche Straße teils durch Bauarbeiten blockiert war, musste der Fahrer häufig die Piste wechseln, oft sogar einen fahrbaren Weg selbst durch die Wüste suchen. Später ging es dann zügiger voran. Der Altiplano ist der Grund eines Urmeeres und also ziemlich flach, Lamaherden und wilde Vicuñas boten Abwechslung. An einer bizarren Felsformation vertraten wir uns ein wenig die Beine, bevor wir in einen glanzvollen Sonnenuntergang mit faszinierenden Schattenwürfen hineinfuhren

Das Hotel in Uyuni war ausgesprochen unprofessionell geführt -  so waren unsere Zimmer noch belegt, weil die Vorgänger sponatan verlängert hatten.  Wir sollten deshalb in Ersatzräume ziehen und uns mit Gemeinschaftsduschen begnügen. Es gab hier noch einigen Trouble, aber in diesen abgelegenen Gegenden kann man auch nicht jederzeit europäische Maßstäbe anlegen..

10.10.07

Nach einer kurzen Anfahrt lag die endlos weiße Fläche des großen Salars vor uns. Sie blendete wie Schnee, und man meinte, sich wegen vermeintlichern Glätte vorsichtig bewegen zu müssen. Aber Salz ist natürlich nicht glatt, sondern rauh.  Verschiedentlich stoppten wir, um uns die Oberfläche genauer anzusehen, die, soweit das Auge reichte, eine Struktur von gleichmäßigen Fünf– und Sechsecken aufwies. Es gab Wasserlöcher, aus denen Kohlenstoff hervorsprudelt, und zu denen Indigenas der Umgebung pilgerten, um die hautheilenden Wirkungen der Sole zu nutzen und die Füße darin zu baden. Und überall warteten Berge von Salz auf den Abtransport.

Nach längerer Fahrt näherten wir uns der mitten im Salzsee liegenden Insel Incahuasi, die aus versteinerten Algen entstanden und mit uralten riesigen Kakteen bewachsen ist. Bänke, Tische, Türen, Hinweisschilder, alles war aus Kakteenholz gefertigt. Wir unternahmen eine kleine Wanderung bis zum höchsten Punkt der Insel, von wo man einen grandiosen Ausblick über die Salzfläche und die sie begrenzenden Vulkane hat. Da oben fanden wir auch eine Opferstätte für Pachamama (Mutter Erde) vor, und ein englischsprachiger Führer erzählte uns von den Legenden, die sich um die Entstehung des Salars ranken, und erklärte die alten Opferrituale.

Bald steuerten wir unser nächstes Ziel an: ein Hotel, das ausschließlich aus Salzquadern errichtet worden war. Auch die Inneneinrichtung, Betten, Tische, Stühle, Bänke, sogar ein Bad, bestanden aus Salz. Es gab auch einen Swimmingpool und ein kleines Museum, aber leider keinen Kaffee... 

Bevor wir nach Uyuni zurückkehrten, wollten wir im Dorf Colchani in einer kleine Fabrik zuschauen, wie das Salz verarbeitet wird. Da schon Feierabend war, waren nur noch einige Frauen mit dem Eintüten des Salzes beschäftigt. Später, in Sucre, entdeckten wir diese Tüten auf dem Markt.

Alles in Colchani besteht aus Salz, Gebäude und Mauern sind aus Salzquadern errichtet, in einem kleinen Museum und an Ständen davor, werden sogar aus Salz geschnitzte Souvenirs angeboten.

Auf dem Rückweg nach Uyuni passierten wir in der Wüste einen riesigen Eisenbahnfriedhof. Hier rosten unzählige ausgemusterte urige Dampflokomotiven und Wagons vor sich hin, und das begeisterte vor allem die Männern. Ein Teil der Gruppe lief dann auch zu Fuß an den Eisenbahnschienen entlang zurück ins Hotel, ich nahm mit anderen den Bus -  für heute war es genug der Bewegung gewesen... Im Hotel bekamen wir nun auch unsere richtigen Zimmer, und abends machte Thomas während unseres zünftigen Abendessens im Ort ein anderes Hotel ausfindig, welches er bei zukünftigen Gruppen berücksichtigen will. 

11.10.07

Ein kleiner Junge hatte sich zu uns gesellt, dessen muntere Unterhaltung den beiden Fahrer offensichtlich Spaß bereitete.

Die Strecke führte hinauf in die Ost-Kordillere, wo wir zunächst in einem Minendorf hielten, um die Lok zu sehen, die von Butch Cassidy und Sundance Kid, zwei Gangstern, die aus Amerika nach Bolivien geflohen waren, überfallen worden war. Unsere Ankunft hatte sich schnell im Dorf herumgesprochen, und so stand auch gleich eine Führerin bereit, deren kleine Tochter wir nach dem Weg gefragt hatten. Sie zeigte und erzählte uns alles über die Geschichte des Dorfes. Mir fiel auf, dass es in diesem gottverlassenen Ort überraschend viele kulturelle Einrichtungen gab.

Weiter ging es durch eine sagenhaft schöne und abwechslungsreiche Andenlandschaft. Die verschiedensten Farben der Berge ließen vermuten,  dass sie reichhaltig Bodenschätze bergen. Manchmal durchfuhren wir Flussoasen mit kleinen Orten, die von smaragdgrün leuchtenden Pfefferbäumen durchsetzt waren.

Schließlich zeigte der schon von weitem sichtbare “Cerro Rico” (Silberberg) an, dass wir uns Potosí näherten. Ich hatte nicht erwartet, dass eine Bergarbeiterstadt so schön sein kann. Die Spanier und die katholische Kirche hatten viele Kirchen und Klöstern errichtet. Vom Glockenturm der Kirche La Compania, die heute aber keine Kirche mehr ist,  genossen wir den schönen Rundblick über die Dächer die Stadt.

Nach einem ausgiebigen Besichtigungsgang durch die Gassen und über die Plätze und einem Marktbesuch nahmen wir an einer Führung in der “Moneda” teil. Diese königliche Münze, auch Escorial Amerikas genannt, ist das kostbarste Museum Boliviens. Es besteht aus fünf festungsartigen Innenhöfen und beherbergt nicht nur die Relikte der Münzprägung, sondern auch eine berühmte Gemäldesammlung. Uns interessierte die Münzherstellung und die dafür notwendigen Werkzeuge und Geräte. Besonders erwähnenswert ist ein altes Walzwerk zur Herstellung von Rohlingen, das in der Mitte des 18. Jahrhunderts, von Madrid über Cadiz und Buenos Aires und dann auf einer 2.000 km langen Wegstrecke, mit Maultieren nach Potosí gebracht wurde. In einem unteren Stockwerk wurde das Walzwerk von Mulis angetrieben. Die erste Goldmünze wurde 1574 mit der Gravierung „Pizarro“ geprägt. 

Unser Hotel, in einer alten Gasse gelegen, gefiel mir sehr gut. Die geräumigen Zimmer gruppierten sich um einen hübschen Innenhof, nur waren sie auf dieser Höhe sehr kalt. Zwar gab es einen Gasofen, aber ich traute mich nicht, ihn anzuzünden (Einzelzimmer..).  

12.10.07

Nach dem Frühstück wurden wir von zwei Mineros (Minenarbeitern) abgeholt, die uns in eine Mine des Cerro Rico führen wollten. Der „reiche Berg“, der bereits von den Spaniern ausgebeutet wurde, birgt noch immer viele Schätze.

Zunächst kauften wir für die Bergleute auf dem Markt einige immer benötigte Mitbringsel wie u.a. Cocablätter und Dynamitstangen (kein Witz!) ein.  Und dann wurden wir in eine komplette Bergmann-Ausrüstung gesteckt.

Am Berg herrscht große Geschäftigkeit. Man hat den Eindruck, als sei er schon mehrfach von untern nach oben gekehrt worden. Auf allen Höhenlagen schlängeln sich Pisten, auf denen Lkws donnern, überall liegen Abraumberge, die, oft von Frauen, noch einmal nach Brauchbarem durchwühlt werden. Bevor wir in den Berg hineingingen, verteilte wir das mitgebrauchte Obst und Süßigkeiten an einige Frauen, die mit ihren Kindern gekommen waren. Sie leben hier (in erbärmlichen Unterkünften), um für die Bergleute zu kochen.

Jeder, der 5.000 Dollar zahlen kann, darf auf eigene Rechnung eine Mine betreiben. Er sucht sich ein paar Leute, die für ihn arbeiten und, je nach Hierarchie, ihren Anteil an der Ausbeute erhalten. Für die Ausrüstung müssen die Arbeiter selbst sorgen, entsprechend einfach ist sie dann auch. Oft arbeiten sie nur mit Hammer und Meißel, weil sie sich Kompressoren oder sonstige Hilfsmittel nicht leisten können. Das durchschnittliche Lebensalter der Mineros liegt bei 42 Jahren. Unter katastrophalen Sicherheitsstandards arbeiten auch schon 13- und 14-jährige Jungen in den Minen.

Mit Grubenlampen ausgerüstet bewegten wir uns, mehr oder weniger gebückt, vorsichtig durch ein Gewirr von Gängen. Manchmal gähnte ein dürftig abgesichertes schwarzes Loch im Boden, eines war so groß, dass nur ein ganz schmaler Pfad blieb, um auf die andere Seite zu gelangen. Dort befand sich eine Grotte mit einer roten Figur, dem „Tio“. Diese Unterweltschutzgottheit, die sehr einem Teufel ähnelt, werden Cocablätter, Alkohol und Zigaretten, die ihm angezündet in den Mund gesteckt werden, als Opfergaben gebracht, um so seinen Schutz zu erbitten.  Unser Minero sagte: „ Katholisch sind wir nur über der Erde“.

Einige von uns gingen noch weiter, um über Leitern, die in die Tiefe führen, in andere Stollen zu gelangen, wo sie vor Ort den Mineros bei der Arbeit zusehen konnten. Dort wurden auch die restlichen Geschenke verteilt, aber, wie die anderen berichteten, waren die Arbeiter hauptsächlich an den Cocablättern interessiert. Die werden den ganzen Tag gekaut, einmal um sich wach zu halten, zum anderen, um das Hungergefühl zu unterdrücken, denn während der Arbeit wird überhaupt nichts gegessen.

Ich zog es vor, so schnell wie möglich wieder an die frische Luft zu gelangen und war froh, wieder durchatmen zu können. Dennoch möchte ich diese Erfahrung nicht missen. Man kann sich, selbst wenn man darüber gelesen hat, die Realität einfach nicht vorstellen. Wenn man bedenkt, dass es den Bergleuten bei dieser Tortour wirtschaftlich immerhin wesentlich besser geht als der übrigen Bevölkerung, sodass sie ihren Kindern oft sogar eine Ausbildung bieten können, weiß man, wie arm die Menschen in diesem Land sind. Es bleibt nur zu hoffen, dass es dem neuen Präsidenten, selber Indigena, gelingt, ein bisschen Gerechtigkeit herzustellen.

Während der 3- stündigen Fahrt nach Sucre, versuchten wir es auch mit dem Kauen von Cocablättern. Ich habe es auf fast zwei Stunden gebracht und empfand die Wirkung als sehr angenehm.

Sucre, die weiße Stadt Boliviens, gefiel uns sehr: die (geringere) Höhe, das frühlingshafte Klima, die wunderschönen Plätze mit den Kolonialgebäuden und nicht zuletzt unser schönes Gran Hotel. Zwei mit viel Grün bepflanzte Patios schlossen sich aneinander, am hinteren wohnten wir.

In dieser Stadt läuft alles ein wenig geruhsamer, und so sollten die beiden Tage, die wir hier verbrachten, auch ein bisschen der Entspannung dienen.

Nach einem Abendessen im deutsch-bolivianischen Begegnungshaus, wo auch deutsche Gerichte angeboten wurden, wollten wir den Abend in einem kleinen Lokal ausklingen lassen. Wir saßen an einem Tisch direkt neben der Küche. Plötzlich sprang eine Türe auf, das Küchenpersonal stürzte heraus und löste eine Fluchtlawine aus. Alles rannte, wir natürlich auch, nur Thomas nicht, der ahnungslos auf der Toilette von dem Spuk nichts mitbekommen hatte. In der Küche musste etwas in Brand geraten sein, was aber schnell gelöscht werden konnte. Später konnten wir nur noch darüber lachen.     

13.10.07

Unser einziger gemeinsamer Programmpunkt in Sucre war der Besuch des Dinoparks vor den Toren der Stadt. Hier hatte man einige Jahre zuvor beim Abbau von Zementgestein versteinerte Spuren verschiedener Dinosaurierarten gefunden. Sie sind einige Millionen Jahre alt und durch einen Vulkanausbruch von der Asche konserviert worden. Im Laufe der Erdegeschichte hat sich das Gestein zu einer Wand aufgefaltet, so dass es wirkt als seinen die Saurier eine senkrechte Wand hinaufgelaufen...

Neben den Eingangsstufen hatte man Tafeln angebracht, die den Verlauf der Erdgeschichte demonstrieren. In einem Informationszentrum sahen wir einen interessanten Film darüber, wie man sich das Leben der Dinos vorstellt, und im Park selbst Nachbildungen der verschiedensten Arten. Auf diese Weise bekam ich einmal eine Vorstellung von der Vielfalt und Größe dieser Giganten.

Am Nachmittag, nachdem Inge ihre Einkäufe erledigt hatte und wir uns in einem der schönen Cafés an der Plaza 25 de Mayo mit einem Espresso aufgemuntert hatten, zogen wir los, um die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu erkunden. Die Kirchen waren alle verschlossen, nur in der Kathedrale las der Bischof gerade die Abendmesse, und so konnten wir uns dort ein wenig umsehen. Den wunderschönen Arkadenhof der Rechtsfakultät verließen wir nach einem eiligen Rundgang fast fluchtartig, weil eine Band, die dort für ein am Abend stattfindendes Studentenfest probte, uns die Ohren zudröhnte.

14.10.07

Inge wollte packen, und so machte ich mich alleine auf den Weg, um noch einmal die Kirchen aufzusuchen, die tags zuvor geschlossen waren, denn es war Sonntag. In der Kirche Santo Domingo gibt es, neben vielen barocken Seitenaltären, einen prunkvollen Hauptaltar mit einem Kruzifix, dem „Senor del Gran Poder“. Grand Poder, die Große Macht steht für die Inquisition. Bei Bauarbeiten fand man in der Sakristei eingemauerte Mumien, von denen man nicht weiß, ob es sich um Opfer oder Vollstrecker der Großen Macht handelt.

Heute wurde hier Erstkommunion gefeiert. Es war schön, die kleinen Mädchen in ihren weißen Kleidchen anzuschauen und zu hören, was der jungen Pfarrer den Kindern erzählte. In der Kirche San Francesco gingen die Jungen zur Erstkommunion. Auch hier habe ich eine Weile zugeschaut.

Auf der Plaza 25 de Mayo herrschte lebhaftes Treiben. Ich glaubte zunächst an eine Demonstration, aber dann wurde mir klar, dass hier ein Marathonlauf startete. Die Läufer (Männer und Frauen jeden Alters, Behinderte und Kinder), die sich am Start gesammelt hatten, brauchten viel Geduld. Es dauerte Ewigkeiten, bis es endlich los ging. Ich mischte mich unter das Volk am Straßenrand und beobachtete das bunte Treiben.

Nachmittags brachte uns ein Bus zum Flughafen. Aufgrund einer Programmverschiebung mussten wir heute eine ungeplante Nacht in La Paz verbringen, denn wir landeten bei beginnender Dunkelheit. Es war wunderschön, die schneebedeckten Berge, die die Stadt umgeben, in das rote Abendlicht getaucht zu sehen. Im Anflug entdeckten wir die vielen kleinen Kirchen, die ein bayerischer Priester hier oben als Zufluchtsstätten für Jugendliche und Diskriminierte hat errichten lassen. Wie viele Kirchen es sind, weiß er angeblich selbst nicht genau, man schätzt etwa 70. Der Flughafen liegt auf ca. 4.000 Meter Höhe im Stadtteil Alto. Uns machte die Höhenluft nun keine Probleme mehr.

Da wir früh aufbrechen wollten, blieben wir diesmal im Hotel, das uns, wegen der nicht geplanten Übernachtung, ein Abendessen mit Folklore spendierte.

15.10.07

Vor Sonnenaufgang waren wir schon unterwegs. Im Stadtteil Alto herrschte bereits lebhaftes Treiben, besonders an den Sammeltaxistellen. Männer und Frauen, oft mit Kindern an der Hand oder im Tragetuch auf dem Rücken, waren in der morgendlichen Kälte auf dem Weg zur Arbeit.

Wir schliefen während des größten Teils der Fahrt, die meisten so gut, dass sie gar nicht bemerkten, dass wir schon eine Weile am Titicacasee entlang fuhren. Die Stimmung war sagenhaft, die Morgennebel waberten über dem See, und die ersten Sonnenstrahlen hatten die Gipfel in der Ferne in Licht getaucht. Ich entdeckte sogar zwei einsame Schilfboote auf im Dunst dem Wasser.

Zur Halbinsel, auf der Copacabana liegt, mussten wir mit einer Fähre übersetzen. Es war noch sehr früh, als wir am Landungssteg ankamen, aber es fand sich gleich ein Boot, dass uns zur anderen Seite brachte.

Bolivien besitzt seit dem Salpeterkrieg mit Chile im 19. Jahrhundert keinen Zugang zum Meer. Trotzdem unterhält das Land eine Marine, die hier am See stationiert ist.

Nachdem unser Bus, der mit einem eigenen Ponton befördert wurde, auch eingetroffen war, ging es weiter nach Copacabana, nicht nur kleiner, aber berühmter Wallfahrts-, sondern auch Ferienort, jedenfalls offenbarten das die vielen Hotels, Geschäfte, Buden und Boote am Strand. Der berühmte Strand von Rio de Janeiro heißt nach diesem kleinen Wallfahrtsort am Titicacasee..

Wir konnten sofort im Hotel einchecken. Unsere Busfahrer hatten sich so schnell davon gemacht, dass wir ihnen nicht einmal Trinkgeld geben konnten. Jedes Zimmer hatte einen sagenhaften Blick auf den See, was besonders schön in der Abenddämmerung war.

Thomas mietete ein Boot, das uns auf den See zur Sonneninsel brachte und uns den ganzen Tag zur Verfügung stand. Während der etwa 1-stündigen Überfahrt gab es immer etwas zu sehen. Auf der Insel bewunderten wir in einem Museum Stein- und Keramikgefäße aus Marka Pampa, einer versunkenen Stadt mit riesigen Mauern, vergleichbar mit denen der Anlage Saqsayhuaman, die heute in ca. 200 Meter Tiefe im See liegt. Anschließend unternahmen wir bei angenehmen Temperaturen eine Wanderung zu den Ruinen von Challa.

Gelegentlich mussten wir wegen der dünnen Luft verschnaufen und dann amüsierten wir uns über die freilaufenden Schweine, besonders über eine Sau, die sich mit ihrem Ferkel in einer Suhle vergnügte.

Am Ziel erwartete uns eine etwas verstreut liegende, gut erhaltene Ruinenanlage, deren Bedeutung bis heute nicht eindeutig bestimmt werden kann. Auf der Sonneninsel soll der Legende nach die Sonne gewohnt haben bis sie zum Firmament aufstieg und zwei ihrer Kinder, Manco Capac, den ersten Inka, und seine Frau Mama Ocllo zur Erde entsandte.

Von hier oben hat man einen herrlichen Blick auf die Mondinsel, hinter der sich die Silhouette der Königskordillere abzeichnet.

Ein Schamane stand bereit, um uns allerlei Kräuter und Substanzen zu erläutern. Christina und Renate ließen sich von ihm in einer heiligen Zeremonie Energien spenden.

Es war etwas abenteuerlich, auf die Dachterrasse des kleinen Restaurants, wo uns das Mittagessen serviert wurde, hinaufzukommen, denn die Treppe war nur mit einem wackligen, selbstgezimmerten Geländer abgesichert. Aber das ausgezeichnete einheimische Menü, das Mutter und Sohn uns servierten, war dieses “Abenteuer” allemal wert.

Auf der Rückfahrt gingen wir noch einmal in Yumani an Land, um eine Original-Inkatreppe zu sehen. Sie wird noch immer benutzt, um die Terrassenfelder oberhalb des Ortes zu erreichen. Da wir vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Copacabana sein wollten, sind wir nur ein Stück hinaufgestiegen.

In Copacabana war es noch hell genug für einen Ausflug auf den Kalvarienberg, den die „Läufer“ unter uns auch realisierten. Mich interessierte die wundertätige Madonna in der Wallfahrtskirche. Die Kirche fanden wir schnell, aber nicht die Madonna. Sie befand sich im Camerin (Sakristei). Auf einer Drehvorrichtung befestigt, wird sie während der Messe über dem Hauptaltar gezeigt.  Die Steile ist außerhalb der Messe mit einem silbernen Vorhang verdeckt. Ähnliches hatten wir auf Cuba bei der Jungfrau von Cobre gesehen. Für uns ist es etwas fremd, die Heiligenfiguren in echte Gewänder gekleidet zu sehen. Die Jungfrau trug ein mit viel Schmuck üppig verziertes weißes Kleid.

In dem gemütlichen Lokal, das Thomas fürs Abendessen ausgesucht hatte, mussten wir sehr lange auf Getränke und Essen warten. Der Grund: Sie mussten erst eingekauft werden, nachdem wir die Bestellung aufgegeben hatten. Die Leute hier haben einfach nicht Mittel, um etwas zu bevorraten. So etwas erlebten wir des öfteren.

Derweil unterhielt uns ein Che-Guevara-Verschnitt mit Flöte und Mundharmonika, auf denen er kubanischer Musik spielte. Wir luden ihn später zu einem Bierchen ein.

16.10.07                                                                       nach oben

Heute ging es zurück nach Peru. Wir nahmen den Linienbus, der uns direkt am Hotel abholte. Darüber waren wir sehr froh, so brauchten wir unser Gepäck nicht bergauf zur Bushaltestelle zu schleppen. Die Fahrt war gut organisiert. An der Grenze mussten wir nur zur Passkontrolle, alles andere erledigten die Busfahrer. Bis Puno war es nicht allzu weit. Vom Busbahnhof fuhren wir mit Taxen ins Hotel. Das Taxifahren ist in allen südamerikanischen Städten ein wahres Abenteuer. Verkehrsregeln scheint es nicht zu geben. Jeder düst los wann er es für richtig hält und irgendwie klappt das auch.

Nach dem obligatorischen Stadtrundgang trennten wir uns am Markt, wo Inge und ich gemeinsam mit Einheimischen eine köstliche Suppe löffelten. Man konnte sogar Nachschlag bekommen; manche Leute hatten Töpfe mitgebracht, die sie sich mit Suppe füllen ließen. Nach einem Espresso in einem ganz modernen, geschmackvoll eingerichteten Café mussten wir uns beeilen, um für den Nachmittagsausflug pünktlich am Hotel zu sein..

Thomas hatte Rikschas bestellt, die sich genauso abenteuerlich durch den Verkehr schlängelten wie die Taxis. Sie fuhren uns zum Anleger, wo Thomas ein Motorboot mietete, mit dem wir zu den schwimmenden Inseln der Uros fuhren. Schon die Anfahrt durch einen Kanal, der auf beiden Seiten von hohem Schilf begrenzt ist, in dem sich Wasservögel tummelten, war ein Erlebnis.

Die Schilfinseln sind wahre Wunderwerke. Darauf zu laufen ist sehr angenehm. Man zeigte uns, wie eine solche Insel angelegt wird. Es werden mehrere Schilfstücke zusammengefügt, deren Wurzelwerk sich unter Wasser verbindet, und dadurch die Festigkeit herstellt. Auf  solchen Insel stehen verschiedene, ebenfalls aus Schilf geflochtene Hütten, daneben jeweils eine kleinere, die als Küche dient. Wir durften uns überall umsehen. Alles wirkte sehr gepflegt. Wichtig ist, dass man einen Einblick in diese uralte Kultur der Uros erhält. Weder die Inkas noch andere Eroberern konnten sie je besiegen, denn sie konnten sich bei Gefahr immer auf den See zurückziehen. 

Neben der Insel ankerte eines der kunstvoll geflochtenen Schilfboote. Unsere Gastgeber wollten uns damit zu einer der anderen Inseln rudern, was wir begeistert annahmen. Aber der Wind stand so ungünstig, dass die Frauen – bei den Uros rudern immer die Frauen – es nicht schafften. So umrundeten wir die Insel einmal, und besuchten mit unserem Motorboot noch zwei weitere Inseln.  Auf einer gab es ein kleines Café, wo wir Coca-Tee trinken konnten, auf der anderen interessante Keramikkrüge, die so gearbeitet sind, dass man durch eine Öffnung im Boden Flüssigkeit einfüllen kann, die aber nicht wieder ausläuft, obwohl das Loch nicht verkorkt wird, sogenannte “magische Karaffen”.

Thomas, der schon mit den Kindern gespielt hatte, die auf den anderen Insel herum sprangen, traf hier ein kleines Mädchen wieder, dass er noch von seinem letzten Aufenthalt kannte. Die Kinder freuten sich auffallend über die Abwechslung, denn sie waren sehr zutraulich und aufgeschlossen  - nicht eben typisch für Indigena-Gemeinden. Zum Schluss sangen sie uns sogar Lieder vor, u.a. auch Frère Jaque in französisch. Uns hat das viel Spaß gemacht. In der Abendstimmung fuhren wir zurück nach Puno, wo uns die Rikschafahrer schon am Landungssteg erwarteten. 

17.10.07

Heute lag eine 10-stündige Eisenbahnfahrt vor uns. Alles war bestens organisiert und koordiniert. Wir gaben unsere Koffer auf, die gesondert in einem Gepäckwagen transportiert wurden, erhielten Platzkarten und wurden beim Einsteigen vom Zugpersonal begrüßt, fein gekleidet in lange schwarze Mäntel. Ich hatte mich auf abenteuerliche Verhältnisse eingestellt, zumal Thomas die preiswertere 2.Klasse gewählt hatte. Die Überraschung war groß, als ich in ein gepflegtes Abteil kam, das mit gepolsterten Sitzen und weiß gedeckten Tischen ausgestattet war. Der Zug führte einen Speisewagen und so brauchten wir während der langen Reise auch nicht zu hungern. Ich empfand  die Reise als kurzweilig, nicht nur weil zwei Musiker und eine Tänzerin durch die Wagons ziehend, für Unterhaltung sorgten, sondern weil es viel aufzunehmen gab. Der Blick aus dem Zugfenster vergegenwärtigte einem die unendliche Einsamkeit und Weite der Puna. Die kleinen Ansiedlungen, Lama- und Alpakaherden, hin und wieder ein paar Menschen, verbreiteten eine große Melancholie. Die Menschen, die hier oben leben, wirken sehr verschlossen. Während der gesamten Reise ist mir immer wieder aufgefallen, dass man in sehr ernste Gesichter blickt, selbst lachende Kinder waren selten (weshalb die fröhlichen Kinder der Uros so auffielen). Ich habe aber auch nie ein weinendes Kind erlebt. Geduldig lassen sie alles über sich ergehen, egal ob sie von ihren Müttern in Tüchern auf dem Rücken getragen werden, oder neben ihnen an den Marktständen hocken.

Gelegentlich passierten wir eine Stadt, wie z. B. Juliaca, wo wir mitten durch einen Markt hindurchfuhren. Auf beiden Seiten der Gleise waren Stände aufgebaut, die alles, was man sich vorstellen oder auch nicht vorstellen kann, zum Verkauf anboten. In einem anderen Ort, wo der Zug halten musste, um den Gegenzug abzuwarten, kamen scharenweise Leute gelaufen, um etwas zu verkaufen. Sie rannten sogar neben dem anfahrenden Zug her.

Mehr und mehr veränderte sich die Szenerie zu einer wilden Landschaft mit reißenden Gebirgsflüssen und schroffen Felswänden. Und schließlich zeigten sich die beleuchteten Vororte von Cusco.

Wir bezogen ein Hotel direkt an der schönen Plaza de Armas. Nachdem wir einen  kleinen Erkundungsgang durch die alten Gassen gleich nebenan gemacht hatten, entschieden wir uns für ein Abendessen im Restaurant im 1. Stock unseres Hotels. Es gab nicht nur leckeres Essen, sondern einen wunderschönen Ausblick auf die Plaza mit den beleuchteten Arkaden, der Kathedrale und der Kirche La Compania. Hier trat eine Musikgruppe von fünf Brüdern auf, die zwar die gewohnten Instrumente, wie Charango, Zampona in allen Größen und Flöte spielten, dennoch völlig andere Musik machten, als wir sie bisher gehört hatten.

18.10.07

In Abwandlung des Programms führte uns schon der folgende Tag ins „Heilige Tal der Inkas“ und letztlich bis nach Aguas Calientes / Machupicchu. Die Zimmer in Cusco konnten wir glücklicherweise behalten, so dass wir nur die notwendigsten Sachen einpacken mussten.

Nach einem opulenten Frühstück auf der Dachterrasse des Hotels starteten wir, begleitet von Ricardo, der während unseres Aufenthaltes in Cusco alles organisierte. Thomas hatte ihn auf seiner Erkundungsreise kennen gelernt. Er war ein netter Kerl, ihn anzuschauen wegen seiner versilberten Schneidezähne etwas gewöhnungsbedürftig..

Dies sollte wieder ein Tag voller Erlebnisse werden..!!

Zuerst besuchten wir ein ganz besonderes Museum, denn hier konnten wir den gesamten Herstellungsprozess von hochwertigen andinen Wollprodukten kennenlernen, angefangen bei den Lamas und Alpakas, die wir füttern und streicheln konnten. Es war schön, so unglaublich weiches Fell zu befühlen, und zu erleben, wie zutraulich die Tiere von allen Seiten heran kamen, um das Futter aus der Hand zu fressen.  Man möchte kaum glauben, wieviele verschiedene Arten von Lamas und Alpakas es gibt.. Gespuckt hat keines der Tiere.

Dann zeigte man uns das mühsame Spinnen mit einer Handspindel (wir sahen öfter Leute, die irgendwo herumstanden und ganz nebenbei Spindeln drehten), anschließend die verschiedenen Pflanzen, aus denen eine große Vielfalt von Farben und Farbnuancen gewonnen wird, dann den Färbevorgang, und ein Sortiment von verschiedenen Wollqualitäten. Beim weiteren Rundgang bekamen wir einen Eindruck davon, wie kunst- und mühevoll die Frauen aus den feinsten Garnen mit einfachsten Webstühlen wunderschöne Muster weben. Es gab auch einen Verkaufs- und Ausstellungsraum. Was wir hier zu sehen bekamen, war von unvergleichlicher Qualität. Die ganz edlen Sachen aus Vikuna-Wolle waren in einer Vitrine verschlossen, aber wir konnten Stoffmuster befühlen, um einen Eindruck von der einmaligen Qualität zu gewinnen. Vicuña gilt als feinste und wertvollste Wolle der Welt. 

Hier hätte man stundenlang bleiben mögen, aber natürlich lockten weitere großartige Dinge. Wir fuhren durch eine gebirgige Gegend mit fantastischen Ausblicken. Von einem Aussichtspunkt sahen wir dann zum ersten Mal das „Heilige Tal der Inkas“, eine üppige Fluss-Oase, die sich in einer Länge von etwa 300 km zu beiden Seiten des Rio Urubamba erstreckt. Sie ist gesegnet mit einem bevorzugtem Klima, fruchtbaren Böden, üppigem Grün, Thermalquellen und ist voll von Inkafestungen und -Kultstätten, die wir keinesfalls alle besuchen konnten.

Oberhalb der Stadt Pisac, in ca. 3.000 Meter Höhe, befindet sich eine über den ganzen Berg in verschiedenen Ebenen verteilte gewaltige Wohnanlage der Inkas mit Tormauern, Bastionen, Häusern, Lagertürmen und einem Tempelbezirk. Besonders beeindruckten mich die riesigen Terrassenfelder, die sich über mehrere Klimazonen erstrecken. Nach einem ausgiebigen Rundgang mit einer kompetenten Führerin, die uns besonders den Tempelbezirk und die Symbolik des Andenkreuzes ausführlich erklärte (und ganz nebenbei einige Andenkreuz-Umhänger an uns verkaufte..), fuhren bzw. wanderten wir hinunter nach Pisac, um dem berühmten Markt zu besuchen. Offensichtlich war es aber kein wirklich authentischer Indianermarkt, auf dem die Indígenas der Region ihre Produkte anbieten, sondern eher ein Souvenirmarkt. So waren wir uns schnell einig, die Fahrt fortzusetzen.

Schon bei seiner Erkundungsreise hatte Thomas ein Restaurant ausgeguckt, in dem Meerschweinchen angeboten wurden, denn man sollte auf einer Reise in diesen Regionen auch einmal Meerschweinchen probieren. Ich hatte sie schon in Ecuador gegessen und wählte deshalb etwas von dem reichhaltigen Büffet, das für jeden Geschmack etwas anzubieten hatte.

Für mich war es eine schöne Überraschung, dass wir anschließend einen Abstecher zu den Salinen von Maras machten, denn damit hatte ich ganz und gar nicht gerechnet. In meinem Reiseführer ist ein beeindruckendes Foto zu sehen, mit dem Hinweis, dass die Anlage selten besucht wird. Auch sie stammt aus der Inkazeit. Das salzhaltigen Wasser der Thermalquellen, wird in unzählige flache Becken abgeleitet, wo es zu Salz verdunstet. Der Bus hatte uns oberhalb der Anlage abgesetzt und so balancierten wir über die Beckenränder hinab zu einigen Gebäuden, wo das Salz eingesackt und für den Abtransport bereitgestellt wird. Im Tal nahm uns der Bus wieder auf.

Wir hatten uns schon eine ganze Weile über Stangen mit roten Plastiktüren gewundert, die an vielen Häusern zu sehen waren. Ähnlich wie in unseren Straußenwirtschaften bietet man dort frischgebraute Chicha an, ein alkoholisches, bierähnliches Getränk, dass hier viel getrunken wird.  Aber wir sollten uns selbst überzeugen und kehrten deshalb in eine solche Wirtschaft ein. Eine ältere Frau erklärte ausführlich, welche Arbeitsgänge erforderlich sind, und was natürlich am wichtigsten war: wir durften probieren. Das Getränk hat einen etwas säuerlichen, aber sehr erfrischenden Geschmack, mit Saft ist es ein bisschen lieblicher. Mir hat’s geschmeckt und den meisten anderen auch. In jedem Fall merkte man, dass Alkohol enthalten ist.

Gegen 17 Uhr erreichten wir den Ort Ollantaytambo. Hier endet die Straße. Ricardo kehrte mit dem Bus nach Cusco zurück. Wir durften unsere Rucksäcke in einem Restaurant deponieren, während  wir die gewaltige Inkafestung besuchten, die die eigentliche Sehenswürdigkeit des Ortes darstellt. Da wir kurz vor Schließung dort ankamen, durften wir nicht mehr hinaufsteigen, was ich als nicht so schlimm empfand angesichts der endlosen Treppen, die zwischen den Terrassen in den Himmel zu führen schienen. Als ich später dann gelesen habe, was es dort oben alles zu sehen gibt, habe ich es doch etwas bedauert. Immerhin konnten wir uns noch eine Weile unterhalb der Terrassen in den zahlreichen, sehr beeindruckenden Gebäude-Ruinen, die von der ehemaligen Stadt übrig geblieben waren, umsehen, und erhielten einen Eindruck von dem gigantischen Umfang dieser Anlage. Besonders interessierte ein Gebäudeensemble, das auf der gegenüberliegenden Seite an einen Felsen geklebt schien. Die Gebäude dienten als Vorratshäuser, die in dem dort oben herrschenden kühlen Klima eine haltbare Lagerung ermöglichten.

Einer der vielen Mythen zufolge, soll der Felsen den zu Stein gewordenen Wiracocha darstellen. Die Inka sahen alle Felsformationen, die heiligen Tieren, wie Puma, Kondor oder Schlange/Eidechse ähnelten, als heilige Stätten an und integrierten sie in ihre Wohn- und Festungsanlagen.

Als es dunkel wurde, kehrten wir in den Ort zurück. Wir fühlten uns in die Inkazeit versetzt als wir dann durch die alten gepflasterten Gassen mit Häusern, Mauern und Wassergräben schlenderten.

Schließlich kam der Zug, und nun ratterten wir nach Aguas Calientes, das wir im strömenden Regen erreichten. Ich hatte an alles gedacht, aber nicht an Regenkleidung. Wir waren natürlich enttäuscht, denn am nächsten Morgen wollten wir nach Machu Picchu, dem Höhepunkt jeder Perureise. Das kleine Hotel war voll von Gästen und glich eher einer Jugendherberge. Irgendwann war dann Ruhe auf den Gängen, aber der heftige Regen rauschte geradezu beängstigend laut die ganze Nacht hindurch... 

19.10.07                                                                     nach oben

Als ich morgens vom Frühstückstisch auf die Straße schaute, waren die Pflastersteine trocken, aber es rauschte noch immer heftig. Renate, die ich darauf aufmerksam machte, meinte lakonisch, ich solle weiter träumen.  Doch als wir das Haus verließen, stellten wir nun alle fest, dass wir uns hatten narren lassen:  es war nicht der Regen gewesen, der die ganze Nacht gerauscht hatte, sondern der neben dem Hotel schäumende Urubamba-Fluss... 

Gegen 6 Uhr waren wir an der Bushaltestelle (vorsichtshalber kaufte ich noch ein Regencape). Die Sonne schien zwar noch nicht, aber der Himmel verhieß gutes Wetter. Wir waren so früh aufgebrochen, um den Touristenmassen zuvorzukommen, die mittags mit dem Zug aus Cusco kommen.

Schon die Anfahrt auf der Serpentinenstraße, die aus der tiefen Urubamba-Schlucht hinauf nach Machu Picchu führt, war ein Traum. Nach jeder Wegbiegung bot sich ein anderer sagenhafter Ausblick in die dunkle Tiefe und auf die leuchtenden Berggipfel, die inzwischen ins frühe Sonnenlicht getaucht waren. Und dann, man konnte es kaum fassen, lag die von keinem Eroberer je entdeckte Inkastadt im vollen Sonnenglanz vor uns, dahinter der Zuckerhut des Huayna Picchu: Eine Szenerie wie aus dem Bilderbuch! Ich hätte mich kneifen mögen, um ganz sicher zu sein, dass ich wirklich in Machu Picchu bin..!!

Wir hatten eine sehr gute Führerin, die uns durch Paläste, Tempel, Klöster, Opferstätten, Wohn- und Vorratshäuser, über Treppen, Terrassenfelder und Plätze führte, uns Wasserleitungen, Bäder, Sonnenuhr, Steinbruch, und sogar eine Art Forschungseinrichtung zeigte, und alles so ausführlich und kenntnisreich erklärte, dass ich gar keinen (Buch-) Führer hätte kaufen müssen. Der Unterschied zwischen den Wohnbezirken der Priesterschaft / Adligen und denen der einfache Leute war augenfällig. Hier war das Mauerwerk fein bearbeitet und sorgfältig ineinandergefügt, dort bestand es aus grob aufeinandergeschichteten Steinen. 

Darüber hinaus trennte ein großer Platz, auf dem religiöse und andere gemeinsame Feste gefeiert wurden, die beiden Areale voneinander. 

Um 9 Uhr endete die Führung. Ein Teil unserer Gruppe bestieg nun den Huayana Picchu. Der andere Teil (mit mir) wanderte ein Stück auf dem Inkatrail, hinauf zum Sonnentor. Schließlich ging ich mit einigen anderen zurück zum Ausgang, wo sich am Eingangstor inzwischen Menschenschlangen gebildet hatten. Nach einem Mittagessen in einem kleinen Restaurant abseits der Imbiss- und Souvenirstände (die sich hier in Grenzen halten), wanderte ich noch ein bisschen allein durch die Ruinen und suchte mir einen Platz, von dem aus ich die gesamte Anlage gut überschauen konnte, um mir alles ganz fest einzuprägen.

Gegen Mittag mussten wir uns endgültig trennen, die Leute mit guter Kondition wanderten die steilen Stufen hinunter nach Aguas Calientes, wir anderen nahmen den Bus. Die Busse pendelten pausenlos hin und her.  

In einem Restaurant an der Hauptplaza, wo man uns unverschämte 20% für Service auf die Rechnung setzte, warteten wir auf die Wanderer. Aguas Calientes ist wg. Machupicchu natürlich ein Hauptanlaufpunkt der Peru-Touristen, entsprechend groß ist das Angebot an Cafés, Restaurants und Souvenirgeschäften. Selbst auf dem Bahnhof mussten wir uns durch Verkaufsstände kämpfen, fanden aber auf dem richtigen Bahnsteig wieder zusammen.

Die Bahnlinie führt zunächst durch das enge, wildromantische Urubambatal, direkt am Fluss entlang. Diese sagenhaft schöne Landschaft konnten wir intensiv in uns aufnehmen, weil der Zug sich sehr langsam fortbewegte. Später, als sich das Tal öffnete, hatten wir durch die Panoramafenster des Zuges zauberhafte Aussichten auf schneebedeckte, in das rötliche Licht der Abendsonne getauchte Bergriesen.

In Ollantaytambo erfuhren wir von einem Maschinenschaden an unserer Lokomotive, was nicht nur eine verspätete Ankunft in Cusco bedeutete, sondern auch, dass wir den Rest der Strecke im dunklen Abteil (Stromausfall) verbringen mussten. Das gab uns die durchaus willkommene Gelegenheit, den prachtvollen andinen Sternenhimmel während der Fahrt durch das Glasdach zu beobachten.

Irgendwann erblickten wir dann die Lichter von Cusco. Um die Höhendifferenz zu überwinden, fuhr der Zug, ähnlich wie an der Teufelsnase in Ecuador, im Zick-Zack hinab zum Bahnhof. Der liegt so zentral, dass wir zu Fuß zum Hotel laufen konnten.

20.10.07

Der heutige Tag  war für einen Ausflug nach Saqsayhuaman verplant. Diese gigantische Festung war einst ein Außenposten der Inkas, errichtet zum Schutz der Stadt Cusco.

Die meisten von uns erreichten die Anhöhe zu Fuß. Inge, Holger und ich fuhren mit Ricardo in seinem Taxi. An einer weißen Christusstatue, die Juden der Stadt Cusco aus Dankbarkeit dafür geschenkt hatten, dass sie während der Naziverfolgungen aufgenommen worden waren, warteten wir auf die Wanderer. Von hier aus genießt man eine wundervolle Aussicht auf die Stadt und deren Gebäude, Plätze und Gassen.

Ehe sich die anderen auf die Pferde schwangen, besuchten wir den Q’enko, eine Kultstätte, auf einer flachen Felsformation, aus der man Nischen, Räume, Altäre, und Opferstätten herausgearbeitet hatte, auch eine Opferschale mit einer zickzackförmigen Rinne, durch die ein Gemisch aus Chicha und Blut abfloss, das mythische Kräfte entfalten sollte, Vor den Felsen befindet sich eine Art Amphitheater, auf einem Felsenteil ein Sonnenobservatorium.

Thomas hatte inzwischen eine Führerin engagiert, die, ebenfalls zu Pferde, die Führung für den gesamten Tag übernahm. Der junge Mann, den Ricardo mitgebracht hatte, war leider etwas zu wortkarg. Während die anderen zum Mondtempel ritten, musste ich mit Inge und Holger wieder ins Taxi steigen. Ricardo ließ uns später in einem kleinen Dorf zurück, vertraute uns die Autoschlüssel an und ging, um sich um die Reiter zu kümmern. Es gab hier einen Schweinezuchtbetrieb, überall liefen die Tiere frei herum, und dann beobachteten wir doch tatsächlich, wie ein Schwein über den Fußgängerüberweg einer stark befahrenen Straße marschierte..

Ricardo kam zurück und fuhr uns ein Stück weiter nach Puca Pucará. Hier war es abwechslungsreicher, am Straßenrand waren Verkaufsstände aufgeschlagen, Kinder saßen mit Lämmern im Arm, und wir fanden ein Plätzchen, wo wir in die herrliche Landschaft schauen konnten, bis die anderen eintrafen. 

Puka Pukará, ist eine kleine Inka-Festungsanlage, die als Beobachtungsposten diente und wo alle Tributzahlungen, die aus dem Tiefland kamen, registriert und nach Cusco weitergeleitet wurden. Am Berghang gegenüber verlief die alte Inkastraße und in Sichtweite, einige hundert Meter entfernt, liegt das Heiligtum Tambomachay, das „Bad des Inka“, wo das heilige Wasser verehrt wurde. Der Inka kam dort hin, um rituelle Waschungen vorzunehmen. Den Wasserlauf hatte man über Kaskaden geführt. Über den befindet sich eine gut erhaltene Wohnanlage, die der Inka während seines Aufenthalts nutze.

Auf dem Rückweg, die anderen wieder zu Pferde, besuchten wir die Zona X, ein ausgedehntes kultisches Felsenlabyrinth, in dessen vielen Gängen man sich wirklich verlaufen konnte; jedenfalls hatte ich Mühe, zu unserem Ausgangspunkt zurückzufinden.

Saqsayhuaman war das letzte Ziel unserer heutigen Exkursion. Ich kam aus dem Staunen nicht heraus, als ich vor den gewaltigen Mauern stand, die mit gigantischen, nahtlos aufeinander geschichteten Steinen, errichtet worden waren. Man meint, an einigen Stellen sei das Mauerwerk um einen Naturfels herum angelegt worden, aber es handelt sich um behauene tonnenschwere Felsbrocken, die auf Fundamenten stehen, also hierher geschafft wurden. An einigen Mauern sind die Steine so zusammengefügt, dass sie das Abbild eines Fisches, einer Schlange und eines Vogels zeigen. Unser Rundgang führte uns durch die mehrfach gegeneinander versetzten Mauern, über Treppenstufen und gepflasterte Pfade, zu allen interessanten Gebäuderuinen. Die Spanier hatten die Anlage als Steinbruch für die Errichtung ihrer Kirchen, Klöster und Kirchen in Cusco ausgebeutet.

Hier - wie in allen Inkafestungen, die wir besuchten -  waren die Treppenstufen sehr hoch und ich habe mich oft gefragt, wie die kleinwüchsigen Indigenas sie bewältigen konnten. Am rätselhaftesten aber war für mich die Tatsache, dass innerhalb einer so relativ kurzen Herrschaftsperiode von wenig mehr als 100 Jahren all das hat entstehen können, selbst wenn es auf bereits bestehende Kulturen unterworfener Völker aufgebaut wurde.

Inzwischen pustete ein ziemlich kalter Wind durch unsere sommerliche Kleidung, sodass wir den Stadtrundgang, den Thomas eigentlich auch noch geplant hatte, auf den nächsten Tag verlegten, denn der heutige Tag war voller Eindrücke gewesen, die es zu erst einmal zu verarbeiten galt.

21.10.07

Vor dem Frühstück genoss ich bei einem kleinen Rundgang die sonnenbeschienene und fast menschenleere, mit vielen Blumenbeeten geschmückte Plaza und die Gebäude und Arkaden ringsum. Über dem Rathaus flatterte die Regenbogenfahne der Quechua und nicht etwa die peruanische Landesflagge. Aber wir befanden uns ja auch im Herzen des Inkareiches und das merkten wir an allen Ecken und Enden der Stadt.

Nach dem Frühstück stiegen wir in das Künstlerviertel San Blas hinauf, mit vielen Galerien, Cafés und kleinen Geschäften. Da an diesem Sonntag Volkszählung war, mussten die Leute zu Hause bleiben, bis die Volkszähler sie registriert hatten. Ob das bedauerlich war, sei dahingestellt, denn so hatten wir die lehren Straßen zeitweise ganz für uns. Diese Volkszählung war auch der Grund für die Programm-Umstellungen der letzten Tage gewesen. 

Viele Kolonialgebäude, wie das erzbischöfliche Palais, wurden von den Spaniern auf den Fundamenten der ausgeraubten und zerstörten Inkapaläste errichtet. Diese Mauern sind so stabil, dass sie nicht nur die Jahrhunderte überdauert, sondern auch jedem Erdbeben standgehalten haben. Wir bummelten durch die gepflasterten Gassen der Altstadt und trafen ständig auf kunstvoll zusammengefügten Inkamauern. Sie sind so unnachahmlich, dass es keiner besonderen Kenntnis bedarf, um Originale und Kopien zu unterscheiden.

Zum Schluss führte Thomas uns zu einem riesigen, sehr gut gemalten Wandbild, auf dem die gesamte Geschichte Perus dargestellt ist.

Der Rest des Tages gehörte uns. Inzwischen hatten einige Geschäfte und Restaurants geöffnet. Inge und ich nahmen zunächst einen Imbiss in einem der Lokale an der Plaza. Später ging ich noch einmal nach San Blas hinauf, das inzwischen wieder zu Leben erwacht war. Von hier hat man einen schönen Rundblick über die Stadt bis in die umliegenden Berge, kann sogar die weiße Christusfigur hoch über der Stadt erkennen.

22.10.07                                                                     nach oben

Noch einmal genossen wir das reichhaltige Frühstück auf der Dachterrasse unseres Hotels, dann aber mussten wir uns von Cusco verabschieden. Ricardo begleitete uns zum Flughafen, wo wir ihm dann Adieu sagten und uns für seinen Einsatz bedankten.

Der Flug ins Amazonas-Tiefland läutete unseren letzten Reiseabschnitt ein. Noch sahen wir unter uns die mächtigen Anden und deren tiefeingegrabenen Schluchten, aber schon bald blickten wir in das üppige Grün des Regenwaldes, unterbrochen von breiten Flussmäandern. Nach einer knappen Stunde landeten wir im feuchttropischen Puerto Maldonado. Inzwischen tropenerfahren, hatte ich mich angemessen gekleidet. Am Airport begrüßte uns Geraldine, eine deutsch-sprechende Führerin, die uns auch in den folgenden Tagen betreute.

Während Thomas die Formalitäten in der Agentur erledigte, unternahm sie mit uns einen kleinen Rundgang. Später fuhren wir hinunter zum Rio Madre de Dios, wo am Anleger unser Peque Peque wartete (Motor-Langboot, glücklicherweise zum Schutz gegen die Sonne überdacht), das uns zu unserer Lodge eine halbe Stunde flussabwärts brachte.

Dort begrüßte man uns mit  einem Drink und servierte sehr bald ein gutes, mehrgängiges Mittagmenü. Die Lodge war ein kleines Paradies:  Wir wurden in kleine saubere Holz-Bungalows verteilt, die sehr geschmackvoll, überwiegend auch mit Holz, ausgestattet waren, sogar die Waschbecken waren aus Holz. Auf der Terrasse baumelte für jeden eine Hängematte. Zwischen den vielen exotischen Bäumen kreischten bunte Papageien, auch ein Tukan kam angeflogen, um uns zu begrüßen. Wir waren begeistert und rundum zufrieden, nicht zuletzt, weil uns hier erstaunlicherweise keine Moskitos piesackten.

Am späten Nachmittag unternahmen wir einen längeren Ausflug durch den Urwald, der direkt an die Lodge grenzt. Geraldine erklärte die große Vielfalt der tropischen Pflanzen und Bäume Es gibt Schlangen, teils giftig, die uns ein spezieller Führer zeigte.

Als der Rundgang schon fast beendet und die Lodge bereits in Hörweite war, hatten einige von uns eine falschen Weg eingeschlagen. Obwohl wir sie rufen hörten, dauerte es eine Weile bis wir wieder zusammengefunden hatten.

Nach dem Abendessen fuhren wir mit unserem Peque Peque zum Kaiman-Beobachten wieder auf den Fluss hinaus.  Der Führer leuchtete mit einer großen Lampe das Ufer ab und verständigte sich durch Schwenken der Lampe mit dem Bootsführer . Wir sahen einige überwiegend junge Kaimane, die ins Wasser glitten, wenn wir uns näherten. Einmal versuchte unser Führer sogar, einen ins Boot zu holen, aber der war schneller..

Bei der Rückkehr entdeckten wir am Landungssteg an einem Baum eine Vogelspinne, die dort ihr Nest gewebt hatte. Und es begrüßte uns ein roter Ara, der auch an den folgenden Tagen immer auf der Treppe hockte, wenn wir von einer Exkursion zurückkamen.

Diese großen bunten Vögel machten mir besonders viel Spaß. Sie beanspruchten hier ganz offensichtlich alle Rechte für sich. Jeden Morgen, vor dem Frühstück, bin ich zu ihnen gegangen. Meist klebten sie am Fliegengitter des Küchenfensters und beobachteten genau, was in der Küche vorging. Bei meinem Erscheinen kamen sie neugierig angeflogen und ließen sich neben mir im Gebüsch nieder. Einmal watschelte mir einer auf dem schmalen Fußpfad entgegen, selbstverständlich musste ich ausweichen. Gelegentlich erschien zu den Mahlzeiten einer im Speiseraum. Als Holger ihn schließlich nach draußen setzte, protestierte er mit empörtem Gekreisch und tauchte kurze Zeit später wieder auf.

23.10.07

In der Morgendämmerung, noch bevor wir gefrühstückt hatten, machten wir uns auf den Weg zu einer “Salzlecke”, an der sich allmorgendlich Hunderte von Papageien einfinden, um sich mit mineralhaltigem Gestein den Magen zu reinigen. Dort warteten wir gespannt, gelegentlich flattere ein Morpho vorbei, aber die Vögel wollten nicht kommen. Selbst Geraldine hatte die Hoffnung aufgegeben und trat mit dem größten Teil der Gruppe den Rückweg an. Wir anderen wollten es nicht wahrhaben und blieben, um die Papageien wenigstens in den Bäumen zu beobachten, bis dann, wir konnten es kaum fassen, sich zu unserer großen Freudeurplötzlich hunderte von grünen Lories (eine kleinere Papageienart) aus dem Urwald auftauchten und sich an dem Felsen niederließen. Es war einfach toll !!  Am meisten begeisterte es mich, wenn einer der Vögel aufflog und der ganze Schwarm mitmachte. Sie kamen aber immer wieder, so dass wir dem Schauspiel lange Zeit zusehen konnten.

Die anderen trösteten sich damit, dass sie am folgenden Morgen noch einmal Gelegenheit haben würden.  Nach dem Frühstück, die Sonne schien schon wieder, bekamen wir Gummistiefel angepasst, was aber gar nicht so einfach war, denn die Aras verteidigten sie vehement. Erst nachdem sie unter lautem Geschimpfe weggebracht worden waren, suchte sich jeder ein Paar passende Stiefel aus.

Wir stiegen mit einer anderen deutschen Gruppe und zwei Führern in ein Boot, das zunächst die Affeninsel ansteuerte. Nach kurzem Gang erreichten wir einen Futterplatz im Urwald, wo Bananen und andere Leckereien ausgestreut lagen, um die Affen anzulocken. Die Führer schlugen sich in die Büsche, um die Tiere aufzuscheuchen, aber es ließ sich kein einziger sehen. Glücklicherweise konnten wir später am Lago Sandoval noch Affen beobachten.

Unser nächster Programmpunkt war eine etwa 5 km-lange Urwaldwanderung, deren Ziel der Lago Sandoval war. Im Schatten der Bäume ließ sich die Mittagssonne ganz gut ertragen. Hunderte von Schmetterlingen in den buntesten Farben, verschiedensten Zeichnungen, und Größen begleiteten uns. Ich fand es sehr schade, dass wir zu wenig Muße hatten, um sie eingehend betrachten zu können.

An einem Seitenarm des Sees warteten Boote, mit denen wir zunächst durch ein romantisches Stück Urwald und dann über die Lagune zum Picknickplatz gerudert wurden. Es gab ein warmes Reisgericht, das in Bananenblätter eingewickelt.  Einige badeten im See oder schwangen sich an einem im Baum festgebundenen Seil in die Fluten.

Später ruderten wir am Seeufer entlang, um Affen und viele große und kleine Vögelarten  zu beobachten, u.a. einige Hoazins oder Stinkvögel. Diesen Namen haben sie wirklich nicht verdient, denn es sind wunderschön gefiederte Tiere, mit Krallen in den Flügelknicken, wie der Archäopterix.  Es gibt hier auch Flussotter, Piranhas und Paiche. Ich war froh als wir wieder die Schatten des Urwalds erreichten, denn die Sonne knallte noch am späten Nachmittag erbarmungslos auf uns nieder. Den Rückmarsch absolvierten wir ziemlich flott, denn wir wollten vor Einbruch der Dunkelheit am Fluss sein. Dort wartete schon das Boot, und so, fuhren wir in der Abenddämmerung zur Lodge zurück.

24.10.07

In der Frühe regnete es, doch am Vormittag hörte es auf, und wir konnten unseren Ausflug zum legendären Fitzcarraldo-Schiff starten. Es liegt nur ein kurzes Stück  flussabwärts von unserer Lodge hinter der Uferböschung. Etwas überrascht waren wir, dass wir von  einem Mann empfangen wurden, der uns zunächst einen kleinen Pavillon öffnete. Hier hatte man, gesponsert von GEO, allerlei Demonstrationsmaterial zusammengestellt, um den Besuchern interessante Dinge über die Umgebung zu veranschaulichen. In einer Urwald-Apotheke wurden uns Salben und Tinkturen erläutert, und wir wanderten durch einen Garten mit Bäumen und Pflanzen für Heilmittel. Geraldine verteilte Blattstücke einer Pflanze und forderte uns auf, einmal drauf zu beißen. Ich muss kräftig draufgebissen haben, denn ich musste, unter dem Gelächter der anderen, mächtig spucken, um das scharfe Zeug los zu werden. 

Danach erreichten wir nach einem kurzen Gang durch den Urwald, den Flussarm, in dem die Fitzcarraldo vor sich hinrostet. Es handelt sich um das authentische Schiff des legendären Kautschukbarons, dessen Geschichte von Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Hautrolle verfilmt wurde. 

Für den Nachmittag hatte Thomas Kaffee besorgt, denn wir wollten die Zeit nutzen, in Ruhe die letzten Wochen noch einmal Revue passieren zu lassen, um die vielen Erfahrungen dieser Reise folgenden Gruppen verfügbar zu machen. Da es sich ja um eine vierwöchige Pilotreise gehandelt hat, kann man sich vorstellen, dass der Tag nach diesem Gruppenfeedback sich zum Ende neigte.

Abends nahm ich noch einen Drink in der Bar und sah gern den Arbeitern zu, die inmitten der Anlage einen Pool fertig stellten. Hier konnte man die Langsamkeit wiederentdecken, denn es war so entspannend, zu beobachten, wie sie mit ganz einfachen Mitteln, ohne Hektik, und in einem Tempo ihrer Arbeit nachgingen, wie wir es uns gar nicht vorstellen können. Der Sand wurde durch ein Stück Tuch gesiebt, der Mörtel von Hand gemischt und die Mosaiksteinchen liebevoll und in aller Ruhe zusammengefügt.

25.10.07

Auch die schönste Reise geht einmal zu Ende. Mit dem Peque Peque ging es zurück nach Puerto Maldonado. Mit der paradiesische Ruhe war es vorbei,  jetzt musste man wieder Straßenlärm ertragen und auf den Verkehr achten. Überall knatterten Motorräder, die, wie ich später beobachtete, Taxidienste leisteten. Nachdem Thomas die Formalitäten erledigt hatte, fuhren wir mit dem Bus zum Flughafen, wo wir uns von Geraldine verabschiedeten.

Zum letzten Mal sahen wir den Dschungel und die Anden aus der Vogelperspektive.

Immer wenn eine Reise zuende geht, bin ich ziemlich melancholisch. So war es gut, dass sich in Cusco eine junge Australierin neben mich setzte, die vor Mitteilungsbedürfnis übersprudelte. Sie hatte sich verliebt und musste auf diese Weise wohl ihren Abschiedsschmerz überwinden. Sie erzählte mir auch, dass sie ein Vierteljahr lang in einem Andendorf beim Aufbau einer Schule geholfen hatte. Ich musste mir eine Menge Fotos anschauen, von ihrem Liebsten und den Menschen,  mit denen sie gearbeitet hatte. Nach Erledigung der Formalitäten in Australien  wollte sie zurückkommen und für immer in Peru bleiben. Ich habe ihr gerne zugehört.

In Lima gelandet, veranstalteten die Fahrer unserer Taxis eine kleine Rallye, die schließlich an unserem schmucken Hotel Grand Bolivar endete. Da es noch früh war, holten wir nun den Stadtrundgang nach, der eigentlich für den Beginn der Reise geplant war. Die kunstvoll geschnitzten Balkons an den Fassaden der schönen Gebäude konnten wir nun genau ansehen. Der des erzbischöflichen Palais an der Plaza de Armas war besonders schön und soll der wertvollste sein. An der Plaza   liegen auch die Kathedrale, das Rathaus und der Regierungspalast. Vor dem Regierungspalast stießen wir wieder einmal auf eine Demonstration, ich weiß nicht die wievielte während unserer Reise. Obwohl sie meist  friedlich verlaufen, waren Sicherheitskräfte in gepanzerten Fahrzeugen vorgefahren.

Nach dem Besuch des chinesischen Viertels, wo ein unglaublicher Trubel herrschte, trennten wir uns bis zum Abendessen, aber, als hätten wir uns verabredet, fanden wir uns alle in einem Café neben unserem Hotel wieder, wo uns der Pisco Sour in beste Stimmung versetzte. Zum Abendessen zogen wir fröhlich zu einem Kloster, das von französischen Karmeliterinnen geführt wird. Sie servierten ein köstliches Menu, begleitet von frommen Liedern, die einige Kloster-Bewohnerinnen (eigentlich mit uns gemeinsam) mit sehr schöne Stimmen vortrugen. Die Vorsteherin erzählte uns in französisch, dass sie von den Erlösen des Restaurants Schulmaterial für Kinder in den Armentvierteln finanzieren würden. Allerdings konnte ich nicht verstehen, dass sie nicht spanisch sprechen. Wie will man Menschen nahe kommen und verstehen, deren Sprache man nicht spricht?

26.10.07

Heute hatten wir frei für eigene letzte Besorgungen vor unserem Abflug am Nachmittag.  Die Stadt war noch still und leer als ich loszog. In der Kirche La Merced waren aber schon viele Menschen, die tiefversunken vor den verschiedensten Heiligenfiguren der Seitenaltäre beteten.

An der Rezeption traf ich Inge, mit der ich ein zweites Mal loszog. Unser Bummel endete in einem Restaurant, Renate gesellte sich zu uns und so ließen wir es uns gut gehen. Später besuchten wir eine moderne Kunstausstellung, die offensichtlich aktuellen politischen Themen gewidmet war. Auf Zeichnungen und Collagen waren immer wieder Köpfe von Bush, Sadam Hussein, Fidel Castro, Hugo Chavez, Che Guevara und vielen anderen.

Nachmittags trafen wir uns in der Hotellobby, und die ganze Gruppe bestieg die Taxen zum Flughafen, wo wir uns von Thomas “tränenreich” verabschiedeten, der hier blieb, da er noch einige Länder der Region bereisen wollte, um weitere Freundeskreisreisen vorzubereiten. 

Vollgestopft mit Erlebnisse und Erinnerungen traten wir den Heimflug an...

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