Gästebericht  Patagonien Januar '05


Bericht von Karin Simon, Teilnehmerin der Freundeskreisreise

Patagonien

von Santiago de Chile über Feuerland nach Buenos Aires

vom  11.01.  bis 3.02.2005

FotoalbumPatagonien-Programm

Santiago de ChileSeengebietKreuzfahrt Canales Patagonicos;
 
Torres del Paine; GlaciaresFeuerlandPeninsula ValdezBuenos Aires

11.01.
Wir trafen uns alle am Frankfurter Flughafen. Da wir in Madrid umsteigen mussten und einen längeren Aufenthalt hatten, machten wir uns erst dort miteinander bekannt.

12.01.
Nach 12 Stunden Flug erreichten wir früh am Morgen Buenos Aires, wo wir etwas Zeit hatten, um uns frisch zu machen und eine Kleinigkeit zu uns zu nehmen. Doch schon bald ging es weiter, über die Anden, die wir zum Teil sehr gut erkennen konnten, nach Santiago de Chile. Dort landeten wir gegen 10 Uhr.  Nachdem wir längere Zeit vergeblich auf den Bus gewartet hatten, der uns ins Hotel bringen sollte, charterte Thomas einige Taxis. Da der Bus angeblich auf der Autobahn im Stau steckte, nahmen unsere Fahrer Umwege über Nebenstraßen, was uns Gelegenheit gab, einige Außenbezirke, vor allen Dingen Wohngegenden der Stadt zu sehen. Das Hotel war klein, aber – bis aufs Frühstück – recht gut, zumal es in Zentrumsnähe gegenüber dem Park Cerro Santa Lucia lag. Mit dem Besuch dieses Parks begannen wir unseren ersten Rundgang. Von einer Anhöhe hatte man einen guten Ausblick auf die Stadt, aber den fand ich etwas enttäuschend, weil man nur moderne Hochhäuser sah, zwischen denen die historischen Bauten verschwanden. Davon gab es allerdings auch nicht besonders viele, weil Erdbeben sie immer wieder zerstört haben. Einige ältere, schöne Gebäude sahen wir später, vor allen Dingen an der Plaza de Armas. In der Markthalle, im 19. Jahrhundert erbaut, gönnten wir uns einen Imbiss und ein Bierchen.

Später schlenderten wir zum Monedapalast und machten einen Abstecher zum neu errichtete Salvador-Allende-Denkmal.

Abends besuchten wir das Künstlerviertel Barrio Bellavista am Fuße des Cerro San Christobal. Um dort hin zu gelangen, mussten wir einen großen Park mit schönen alten Bäumen durchlaufen und den reißenden Rio Mapuche überqueren, der große Mengen braunes Wasser aus den Anden mit sich führte. Der Park war überfüllt von Liebespaaren; auf den Bänken auf dem Rasen, überall wohin man guckte, sah man umschlungene und knutschende Pärchen. So etwas hatte ich noch in keiner Stadt gesehen. Wir alle waren überrascht, dass das im katholischen Chile möglich ist.

Leider entdeckten wir zu spät ein sehr gemütliches Lokal, wo wir auch hätten essen können, denn das, was wir gewählt hatten, war nicht besonders gut. Offenbar hatten die Leute Schwierigkeiten, so viele Gäste auf einmal zu bewirten, denn fast jeder erhielt etwas anderes als er bestellt hatte. (Am nächsten Abend wurden wir aber voll entschädigt.)

13.01.
An diesem Morgen mussten wir schon unsere Koffer packen, obwohl noch ein ganzer herrlicher Tag vor uns lag. Zunächst sahen wir uns vorm Monedapalast die Zeremonie der Wachablösung an. Das verlangte Geduld, denn es war eine lange Prozedur im preußischen Drill. Preußische Militärs hatten im 18. Jahrhundert die Ausbildung der chilenischen Soldaten übernommen, und das merkt man noch heute. Als dann alles vorüber war, durften wir, nachdem man unsere Taschen kontrolliert hatte, den Innenhof des Palastes anschauen. Hier hatten einige Künstler Skulpturen und Bilder ausgestellt.

Später fuhren wir mit einer Zahnradbahn auf den Cerro San Christobal. An der Talstation trafen wir nicht nur eine deutsche Seniorengruppe, die gerade aus Brasilien kam, sondern auch die beiden jungen Zimmerleute, die in der Reihe vor mir im Flugzeug gesessen hatten. Sie wollten auch nach Patagonien, konnten sich jedoch ein Vierteljahr Zeit lassen, um das Land kennen zu lernen.

Oben angekommen, unternahmen wir einen kleinen Rundgang, um die verschiedensten Ausblicke auf Santiago zu erkunden. Dann stiegen wir in eine Seilbahn, mit der wir auf einen anderen Gipfel schwebten. Wir genossen die grünen Hügel unter uns und den Blick auf die schier endlose Stadt. Nur die Ausläufer der Anden in der Ferne ließen ahnen, dass sie irgendwo zuende sein musste. Am Ziel erwartete uns ein wunderschöner Park mit Blumen und interessanten Bäumen, in deren Schatten wir uns ein gutes Mittagessen servieren ließen. Die meisten von uns blieben anschließend auf dem Berg San Christobal, weil wir uns abends wieder im Barrio Bellavista treffen wollten. Ich ging mit Thomas, Angelika und Brigitte in die Stadt zurück.

Oli und Micha hatte sich von der Gruppe abgesetzt, wollten aber um 17.30 Uhr im Hotel sein, damit sich diejenigen anschließen konnten, die meinten, den Weg zum Restaurant des Vorabends nicht wiederzufinden. Ich gehörte dazu. Sie kamen aber nicht zur verabredeten Zeit. Glücklicherweise kannte Brigitte den Weg, die wenig später mit Angelika aufkreuzte. Vor dem Restaurant warteten bereits die anderen. Öffnungszeit war allerdings erst um 19 Uhr. Das wäre zu spät für uns gewesen. So schloss der Wirt extra für uns auf und sauste mit seiner Frau los, um in den Nachbar-Restaurants Bier und Essenszutaten auszuleihen. Dann wurden Tische und Stühle unter die Bäume auf der Straße gestellt und auf heißen Steinen, die in die Tische eingelassen waren, bereiteten sie ein grandiosen Abendessen. Oli und Micha tauchten schließlich auch noch auf, sie hatten mit ihrem Bus im Stau gestanden. Leider mussten wir viel zu früh aufbrechen, weil Thomas am Hotel auf uns wartete. Eigentlich wollten wir mit der U-Bahn zum Bahnhof fahren, aber das ging leider nicht, weil sie kein Gepäck befördern darf. Also mussten Taxen her. Jeweils drei Leute wurden mit ihren Koffern in ein Auto geschmissen. Da die Zeit knapp wurde, mussten wir am Ziel sehen, wie wir alleine zurecht kamen. Jeder Fahrer setzte seine Gäste nämlich woanders ab. Andrea, Ingrid und ich landeten vor einem Busbahnhof. Wir sahen nichts als Busse und eine riesige Baustelle. Irgendwie gelang es uns dann doch, eine Ecke des großen Bahnhofs zu erreichen. Schließlich fanden wieder alle zusammen, und so konnte unser nächtliches Abenteuer beginnen.
                                                                                                                      
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Thomas war ein bisschen enttäuscht, dass der nostalgische  “tren historico” inzwischen aus dem Verkehr gezogen worden war, aber ich fand das gar nicht so schlimm, denn so konnten wir die Nacht in einem bequemen modernen Liegewagen verbringen. Überhaupt war alles sehr gut organisiert. Für jeden Wagon gab es eine Hostess, die uns mit sauberer Bettwäsche versorgte, die Toiletten putzte wenn immer sie benutzt worden waren, und auch nachts durch die Reihen ging, um nach dem Rechten zu sehen. Wir waren alle der Meinung, dass die Deutsche Bahn sich von diesem Service eine riesige Scheibe abschneiden könnte.

14.01.
Ziemlich früh am Morgen erreichten wir Temuco, die Geburtsstadt Pablo Nerudas. Der Busfahrer, den wir sehr mochten, und der uns während der nächsten drei Tage begleitete, unternahm mit uns eine ausgiebigen Stadtrundfahrt, denn der Markt, wo wir frühstücken wollten, war noch nicht geöffnet. In einem Stadtviertel schien alles regelreht vertraut, wir lasen deutsche Straßennamen, sahen Schwarzwald- und bayerische Häuser. Im hier beginnenden sogn.  “Seengebiet”  Chiles gab es eine starke deutsche Zuwanderung.

In der riesigen Markthalle gab es nicht nur Verkaufsstände, sondern auch viele Restaurants, und weil wir nun richtig hungrig waren, stärkten wir uns erst einmal. Danach hatten wir Gelegenheit, zwischen den Marktständen, die inzwischen aufgemacht hatten, herumzuschlendern. Wie überall in der Welt wurden vor allen Dingen landestypische Souvenirs angeboten. Viel interessanter war es auf der Feria, einem Markt, der entlang der Straße aufgereiht war, und wo Bauern, überwiegend Mapuche-Indianer, ihre Produkte, wie lebende Tiere, Obst und Gemüse anboten, und das zu erstaunlich niedrigen Preisen. In einer Straße gab es eine Art Flohmarkt, wo vermutlich die Sachen verkauft wurden, die aus den Kleidersammlungen der reichen Länder stammen. 

Später wurden wir mit dem Bus nach Pucón gebracht, einem hübschen, ebenfalls sehr deutsch anmutenden Touristenort am Villarica-See. Die Hauptattraktion ist der Vulkan Villarica, der sich an diesem Tag hinter Nebel versteckte. Wir stiegen im Hotel München ab. Der Teil der Gruppe, der am nächsten Tag den Vulkan besteigen wollte, ließ sich Anzüge, Steigeisen und Schuhe anpassen.  Ich selber dachte eher an einen ruhigen Tag im Ort.

Das Abendessen teilte ich mit Olli. Es war so reichhaltig, dass wir nicht einmal die Hälfte schafften. Also ließ ich den Rest einpacken, um die vielen streunenden Hunde damit zu füttern. Eine Hündin hatte besonders zu leiden. Sie konnte sich vor den vielen Verehrern nicht retten und suchte Schutz bei Brigitte, die nun von dem gesamten Rudel verfolgt wurde...

15.01.
Gut, dass ich das Fleisch mitgenommen hatte, so konnte ich, bevor ich die Hunde fütterte (es kriegte nur einer etwas, die anderen lauerten, trauten sich aber nicht, näher zu kommen), meinen Proviant für die Wanderung, zu der mich Anorte und Brigitte beim Frühstück schließlich überredeten, abzweigen.

Was hätte ich verpasst, wenn ich diesen Ausflug nicht mitgemacht hätte! Wir hatten Bilderbuchwetter, der schneebedeckte Villarica präsentierte sich in seiner ganzen Schönheit vor einem tiefblauen Himmel.

Etwa eine Stunde fuhren wir durch eine sattgrüne Landschaft, bis wir einen Parkplatz im Wald erreichten, der zur Ranch Parque Alto gehört, die von einem Berliner betrieben wird. Begrüßt wurden wir von dem Besitzer und Thorsten, einem jungen Deutschen, der auf der Farm für ein paar Monate unentgeltlich als Helfer arbeitete. Er übernahm die Führung. Zunächst zeigte er uns einen romantischen Wasserfall, versteckt hinter Bäumen, deren Laub in allen Grünnuancen schimmerte. Dann ging es hinauf zum Araukarienwald. Wir fanden Plätze mit üppig blühenden Blumen, vor allen Dingen mit den gelben Indiolilien, passierten Lichtungen mit traumhaften Ausblicken auf die Berge ringsum und immer wieder auf den Villarica. Im Araukarienwald hoch in den Bergen legten wir unsere Mittagspause ein. Inzwischen hatte sich auch ein zur Farm gehörender Irish Setter zu uns gesellt. Er verstand es, sein Rudel zusammen zu halten und duldete es nicht, wenn sich jemand entfernte. Dann sauste er sofort hinterher.

Nach einigen Stunden Rückmarsch erreichten wir wieder die Ranch, diesmal auf einem anderen Weg. Auf dem Terrain des Parks hatte ein Künstler aus Baumstämmen und Wurzeln geschnitzte Skulpturen aufgestellt. Es war ganz lustig, wenn aus einer Felsennische plötzlich ein Krokodil oder eine andere Figur guckte.

Auf der Ranch erfrischten wir uns mit einem Bier. In Chile gibt es auch Literflaschen und diese wurden hier angeboten. Wir teilten uns eine Flasche zu dritt.

Unser Busfahrer, der mitgewandert war und schon dreimal den Villarica bestiegen hatte, meinte, dass wir den Vulkan auch geschafft hätten. Das hat uns natürlich sehr beruhigt.

Später kutschierte er uns zu einem Thermalbad, zwar einfach ausgestattet, aber schön. Wir hatten unseren Spaß und genossen das Schwimmen im warmen Wasser.

Im Hotel erfuhren wir, dass die Vulkanwanderer bereits um 14 Uhr zurück waren, weil der Wind den Schwefeldampf, der aus dem Krater austrat, in Richtung des Aufstiegs geblasen hatte und dieser deshalb abgebrochen werden musste.  Später, im Dunkeln sah man einen rot leuchtenden Kegel über dem Gipfel des Vulkans.

Zu Abend aßen wir im Hotel und haben unseren Fahrer dazu eingeladen. Mit einem Pisco stießen wir auf das Wohl von Heike und Helmut an, die ihren 40. Hochzeitstag hatten, und damit endete dieser wunderschöne Tag.

16.01.
Am späten Vormittag sollten wir uns für die Abfahrt bereit halten. So war noch ausreichend Zeit, den Ort zu erkunden und zum See hinunter zu gehen.

Auf der Fahrt in Richtung Osorno begleitete uns der Ausblick auf den Vulkan Villarica noch sehr lange. Wir konnten ihn immer wieder aus einer anderen Perspektive sehen, bis ihn später der Vulkan Osorno, ein eben so schöner schneebedeckter Bilderbuchvulkan, ablöste.

Unser Busfahrer war in Frutilla zu Hause und deshalb machten wir einen kleinen Umweg, um diesen am Lago Llanquihue gelegenen hübschen kleinen Badeort zu besuchen. Auf dem Weg dorthin entdeckten wir drei echte Gauchos, die stolz in voller Montur vorbei ritten.

Frutilla, ein Ort, der von Deutschen gegründet wurde, war deutscher als Deutschland. Es gibt einen deutschen Club, deutsche Straßenbezeichnungen, schmucke deutsch aussehende Häuschen mit gepflegten Gärten und Schwarzwälder Kirschtorte. Da die Sicht sehr klar war, konnte man den Osorno auf der anderen Seite des Sees deutlich erkennen.

Puerto Montt, eine typische Hafenstadt, erreichten wir am frühen Abend. Die Unterkunft war nicht berauschend, aber das bedeutete nichts, denn wir machten uns bald wieder auf den Weg, um ein geeignetes Restaurant fürs Abendessen zu suchen. Das war gar nicht so einfach, weil in Chile und Argentinien die Leute erst gegen 22 Uhr essen gehen. Schließlich fanden wir ein Lokal das uns zusagte.

                                                                                                                      
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17.01.
Es war windig und trüb an diesem Morgen. Bereits um 11 Uhr mussten wir am Hafen sein, obwohl wir erst ab 14 Uhr an Bord der  “Magellanes”  durften, abgelegt haben wir sogar erst nach 16 Uhr. Das Einchecken war mit großer Perfektion organisiert. Wir mussten unsere Koffer abgeben und erhielten dafür eine Kabinenkarte. Um alles andere brauchten wir uns nicht zu kümmern. Es war inzwischen sonnig und warm geworden, und so machte es richtig Spaß, während der verbleibenden Stunden in den unzähligen Verkaufsständen entlang der Hafenstraße zu stöbern. Alpakapullover, Mützen, Strümpfe, Handschuhe, Schmuck aus Lapislazuli, Teppiche und vieles andere konnte man kaufen. Am interessantesten war allerdings der Fischmarkt mit den unzähligen Garküchen und Fischständen, wo exotischer Fisch und Schalentiere in großer Auswahl angeboten wurden. Vor jedem kleinen Restaurant stand ein großer Kochtopf und daneben eine Person, die für jeden Vorbeikommenden den Deckel abnahm, um die Köstlichkeiten zu zeigen. In jedem Topf brodelte dasselbe, ein Mix aus Meeresfrüchten. Leider hatte ich schon etwas anderes gegessen, als Thomas uns mitteilte, dass er in einem Restaurant einen guten Preis für uns ausgehandelt hätte.

Als wir dann auf die Fähre kamen, standen unsere Koffer schon vor unseren Kojen. Ich teilte die Kabine mit Brita und Birgit. Zwar war es ein bisschen eng, aber am Fußende der Kojen gab es verschließbare Fächer, um die Koffer zu verstauen, und, da wir alle Rücksicht aufeinander nahmen, gab es überhaupt keine Probleme. Die übrige Truppe war unmittelbar nebenan, ähnlich wie wir, untergebracht. Alles war sauber, die Bettwäsche, die Gemeinschaftsduschen und Toiletten, die ständig gereinigt wurden.

Dies wurde nun für drei Tage unser Zuhause.

Bis zum Ablegen hielt ich mich an Deck auf, um zu beobachten, wie Container, Lkws, ja ganze Boote im Rumpf der Fähre verschwanden. Als Frachter, der den straßenlosen patagonischen Süden  Chiles versorgt, wirkte dieses Schiff rein äußerlich nicht übermäßig ansprechend, aber es lief alles so reibungslos, dass man daran gar nicht dachte. Die gesamte Organisation für die mitreisenden Fahrgäste lag in den Händen von zwei jungen Frau  - die eine meldete sich auf spanisch, die andere auf englisch, und beide machten das sehr locker und lustig.

Da es lange hell war an diesem Abend, konnten wir noch einige Stunden das herrliche Panorama zu beiden Seiten des Fjords bestaunen. Auf der einen Seite glitt die Insel Chiloe vorüber, auf der anderen schneebedeckte Vulkane.

18.,19.,20.01.
Eigentlich passierte während der dreitägigen Passage nichts Besonderes, dennoch war jeder Tag ein einmaliges Erlebnis. Das Wetter war schön, und so verbrachte ich stundenlang an Deck, um atemberaubenden Landschaften vorüber ziehen zu sehen. Wer keine Lust dazu hatte, konnte Vorträge hören oder Filme ansehen. Abends fanden sich die etwa 300 Passagiere – sie kamen aus aller Herren Länder - in der Bar ein, wo die beiden Damen und ein Alleinunterhalter für Stimmung sorgten. Am dritten Tag gab es eine Unterbrechung, denn wir steuerten Puerto Edén an, eine kleine Indianersiedlung auf der Halbinsel Wellington. Etwa 230 Menschen leben dort, die letzten Arawak-Indianer, die von der Fähre mit Lebensmitteln und Gebrauchsgütern versorgt werden. Darüber hinaus verdienen sie sich ein wenig Geld mit dem Ausbooten. So hatten wir Gelegenheit, den kleinen Ort zu besuchen. Wir wurden in Schwimmwesten gesteckt und stiegen dann über die Jakobsleiter in kleine Fischerboote. Das Procedere war wieder sehr gut durchorganisiert. Während sich eine der beiden Damen noch von den Passagieren verabschiedete, begrüßte die andere an der Anlegestelle schon die Ankommenden. Etwa eine Stunde hatten wir Zeit, um uns umzuschauen: In kleinen Holz- und Wellblechhütten hausen die Menschen und das bei fast immer feuchtem und kaltem Wetter. Wir hatten Glück, dass es sonnig und ziemlich warm war. So hätten wir eigentlich auch gar nicht den Glühwein gebraucht, mit dem wir an Bord wieder begrüßt wurden.  Trotzdem haben wir ihn genossen...

Gegen Abend erreichten wir das offene Meer. Wir mussten den “Golf der Leiden” überqueren. Der Name spricht für sich, denn dort ist es fast immer sehr stürmisch. Trotz des ausnahmsweise guten Wetters schaukelte es einigermaßen heftig. Die Bar war an diesem Abend außergewöhnlich leer, nur ein paar Hartgesottenen, dazu gehörten Birgit, Brita, Illo und ich, ließen es sich bei einigen Gläsern Wein gut gehen. Ich hatte vorsichtshalber eine Reisetablette geschluckt und habe die ganze Nacht tief geschlafen. Am Morgen dümpelten wir schon wieder im ruhigen  “Fjord der letzten Hoffung”.  Ich war früh aufgestanden und bin gleich zum Bug hinauf gegangen, weil wir bald die engste Stelle der gesamten Route passieren sollten. Die Kommandobrücke, die wir, wann immer wir wollten, besuchen durften, um uns umzuschauen und die Instrumente erklären zu lassen, war für diese Konzentrationsübung geschlossen. Es dauerte noch eine Weile bis es soweit war, aber das machte nichts, denn der Fjord war übersäht mit Schären, die sich im glitzernden Wasser der Morgensonne abzeichneten. Manche waren von Seevögeln oder Robben bewohnt. Die Stimmung war einfach zauberhaft. Als wir uns der schmalen Durchfahrt näherten, waren alle an Deck.  Zwischen zwei steil abfallenden Felsen schlängelten wir uns hindurch.

(Später, längst auf Feuerland, hörten wir, dass die “Magellanes” auf der Rückfahrt auf einen Felsen aufgelaufen war – ob es dieser war, wussten wir nicht - und die Passagiere evakuiert wurden. Thomas bestätigte das, weil er mit der Anschlussgruppe die viel kleinere “Puerto Edén” nehmen musste.)

Am späten Vormittag legten wir in Puerto Natales an. Wir mussten etwas Geduld aufbringen bis wir von Bord gehen durften, aber es war auch sehr interessant das Anlegemanöver, das mit Hilfe kleiner Fischerboote bewerkstelligt wurde, zu beobachten. Puerto Natales ist ein gepflegter Ort, der früher vom Fischfang lebte. An den Geschäften, Hotels und Dienstkleistern merkt man jedoch, dass der Tourismus inzwischen die Haupteinnahmequelle geworden ist. Wir wurden von Laura, einer deutsch sprechenden Führerin im Empfang genommen. Sie kaute ständig Kaugummi, was mich etwas störte. Deshalb war ich auch gar nicht böse, dass wir am nächsten Tag von einem Führer übernommen wurden, auch wenn er nur spanisch sprach.

Nach einem Rundgang durch den Ort und einem leckeren Mittagessen holte uns ein Bus ab, der uns hinauf in die Berge zur Höhle des Milodon brachte.      

1895 fand man die ersten Hautfetzen und später Knochen eines Tieres, das in prähistorischer Zeit hier einmal gelebt hatte. Es handelte sich um ein pflanzenfressendes Säugetier. Die Originalfunde werden in London aufbewahrt, hier hatte man lediglich eine Rekonstruktion dieses Milodon, aufgestellt. Die eigentliche Attraktion war für mich die riesige Höhle, die Teil eines ganzen Höhlensystems dieser Region ist. Besonders reizvoll war der Blick aus dem Inneren der Höhle nach draußen. Wir ließen es an diesem Nachmittag etwas ruhig angehen, schlenderten durch die Landschaft und ließen uns die verschiedenen Pflanzen und Bäume erklären. Es gibt verschiedene Buchenarten in Patagoniern, von denen die begehrteste die Lenga ist, weil sie sehr festes Holz hat. Diese Bäume dürfen nicht mehr gefällt werden (was einige Papierkonzerne jedoch nicht davon abhält, es auf Feuerland doch zu tun). Erst nachdem sie abgestorben sind, was überwiegend von Schmarotzerpflanzen verursacht wird, darf das Holz gesammelt werden. Es wird dann meistens als Bauholz verwendet.

Das Wetter war ein wenig trüb, dennoch konnten wir einen herrlichen Rundblick über das Bergpanorama genießen. Als wir nach Puerto Natales zurückkamen, schien die Sonne, aber es war kühler geworden. Abends suchten wir ein Restaurant auf, das sich auf Lamm-Gerichte spezialisiert hatte.

                                                                                                                      
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21.01.
Sehr früh am Morgen mussten wir uns am Hafen einfinden, wo wir an Bord eines Katamaran gingen, der uns in stundenlanger Fahrt durch den Sund der letzten Hoffnung zum Serrano Gletscher brachte. Da wir etwas karg gefrühstückt hatten, freuten wir uns sehr, als wir ein üppiges Lunchpaket erhielten.

Zu beiden Seiten des Sunds hatten wir schöne Ausblicke, zunächst auf die Milodonhöhle, später, als der Sund enger wurde, auf Felsen, Berge und Wasserfälle. An einem Felsen stoppte das Boot, damit wir die Kormorankolonien aus nächster Nähe betrachten konnten. Wie Pinguine hocken die Vögel an den Wänden, um ihre Jungen unter großem Lärm zu füttern.

Am Gletscher Serrano war ich sehr überwältigt von dem türkisblauen See, auf dem Eisberge in allen Blautönen schwammen. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen und ahnte ja nicht, was wir noch alles sehen sollten. Ehe das eigentliche Abenteuer dieses Tages begann, machten wir noch einen Abstecher zur Gletscherzunge. Dann stiegen wir in Zodiaks, ausgerüstet mit Schwimmwesten, warmer Kleidung, Mütze und Handschuhen. Eigentlich wird man in Neoprenanzüge gesteckt, aber der Tag war mild und sonnig, so dass das nicht notwendig war. In großer Geschwindigkeit und mit viel Spaß düsten wir auf dem Rio Serrano flussaufwärts. Der Fluss ist so flach, dass man nur mit Schlauchbooten darauf fahren kann. Zu beiden Seiten bot sich eine zauberhafte Bergkulisse, hier sahen wir den ersten Kondor und konnten einen Blick auf das riesige südpatagonische Eisfeld werfen. In der Ferne erhoben sich die drei Hörner der Torres del Paine vor einem blauen Himmel. Gegen Mittag steuerten wir eine kleine Insel im Fluss an, wo man uns ein Picknick mit allem Drum und Dran servierte, sogar einen Pisco. Dann ging die Gaudi weiter. Die Bootsführer, die inzwischen gemerkt hatten, dass wir nicht allzu zimperlich sind, machten sich einen Spaß daraus, eine Art Wettrennen zu veranstalten, wobei sie die Fahrtrinnen immer wieder kreuzten, damit die Boote ordentlich schaukelten. Manchmal, wenn der Fluss sehr flach war, mussten wir nach vorne rücken, um das Gewicht des Motors auszugleichen. Nach einigen Stunden endete der Spaß an mehreren Stromschnellen. Wir mussten aussteigen und ein kleines Stück flussaufwärts laufen, wo ein anderer Zodiak auf uns wartete. Glücklicherweise gehörte ich zu der Gruppe, die erst einmal zurück bleiben musste. So konnten wir uns inzwischen den Bauch mit Calafatebeeren vollschlagen und einen Aussichtspunkt aufsuchen, von dem man einen phantastischen Rundblick auf das Gebirge und die unzähligen Seitenarme des Rio Serrano hatte. Ich werde wohl nie den Anblick einer Gruppe wilder Pferde und Fohlen vergessen, die in der Ferne einen schmalen Damm vor dem Hintergrund des gewaltigen Bergpanoramas überquerten.

Eine halbe Stunde später wurden auch wir abgeholt. Die Fahrt endete an einem Campingplatz, wo der Bus mit unserem Gepäck und dem neuen Reiseführer Roberto wartete. Bevor wir zu unserem Quartier am Fuße der Torres gebracht wurden, war ein Abstecher zum Grey Gletscher vorgesehen, aber der hatte an diesem Tag nichts Spektakuläres zu bieten. Deshalb schlug Roberto vor, zu einem Wasserfall zu fahren. Auch hier war es unglaublich schön. Nicht nur die gewaltigen Wassermassen, die den Felsen hinunterstürzten, sondern auch die umgebende Landschaft waren so unbeschreiblich, dass ich nicht wusste, wohin ich schauen sollte. Hinter mir erhoben sich die Cuernos der Torres in der Abendsonne, vor mir der Wasserfall, davor wiederum ein türkisfarbener See vor einer wunderschönen Bergkulisse. Drehte ich mich in eine andere Richtung, faszinierte das Schattenspiel der Wolken auf einem Bergmassiv in der Ferne. Hier oben wurden wir zum ersten Mal vom patagonischen Wind kräftig durchgeblasen.

Während der Weiterfahrt sahen wir die ersten Guanakos, später immer mehr, und zum Schluss wieder einige Kondore. An einem Parkplatz stiegen wir in einen hoteleigenen Kleinbus um, weil wir mehrere Holzbrücken passieren mussten, die für die Last eines größeren Busses nicht stabil genug waren. Wir wurden in einer luxuriösen Lodge am Fuße der Torres einquartiert. Den jungen Leuten war diese Unterkunft zwar nicht zünftig genug, aber ich habe den Luxus genossen, gern auch ein paar Dollar mehr fürs Essen ausgegeben, und viele aus unserer Gruppe auch.

22.01.
An diesem Morgen brachen wir zu einer Wanderung auf, die zum Fuß der Cuernos führte. Es war zwar bewölkt, aber trotz der Wolken spürte man die Kraft der Sonne. Eine ganze Weile marschierten wir stramm bergan. Ich war ziemlich erkältet und musste oft nach Luft schnappen. Nach zwei Stunden entdeckten wir die Hütte Chileno, wo die meisten unserer Gruppe schon warteten. Einige machten hier kehrt, aber als ich hörte, dass das anstrengendste Wegstück hinter uns lag, bin ich weiter gelaufen. Nach einer weiteren Stunde wurde mir allerdings klar, dass auch ich umkehren musste, denn so konnte ich ganz gemütlich zurücklaufen, ohne die Schnellläufer im Nacken. Das war eine gute Entscheidung, denn kurze Zeit darauf begann es zu stürmen und zu regnen. An der Hütte Chileno habe ich nochmals Rast eingelegt und mich mit zwei jungen Holländern unterhalten. Als der Regen etwas nachließ nahm ich den zweiten Teil der Wegstrecke in Angriff. Der Wind wurde immer heftiger. Manchmal musste ich stehen bleiben, um mich dagegen zu stemmen, um nicht weggeblasen zu werden. Nachdem die Höhe überschritten war, flaute der Sturm etwas ab, war aber noch immer stark und böig. Eine junge Frau, die mit ihrem kleinen Sohn entgegen kam, fragte hoffnungsvoll, ob es auf der anderen Seite des Berges besser würde, aber ich musste sie enttäuschen. Beim Abstieg wurde ich mehr oder weniger von einem Ehepaar begleitet, dass offensichtlich einen Bergführer engagiert hatte. An einer Hängebrücke, die so durchgeschüttelt wurde, dass ich nicht wusste, wie ich hinauf kommen sollte, weil keine Halteseile vorhanden waren, schnappte der Mann die Hand seiner Frau, die wiederum meine, und so sind wir dann gemeinsam auf die andere Seite des Flusses gelangt, der zwar nicht tief, aber ziemlich reißend war, und vermutlich auch sehr kalt.

Zum Abendessen waren wir wieder alle vollzählig und tauschten die Tagenserlebnisse aus. Meine Erkältung war auch verschwunden.

23.01.
Heute verließen wir Chile und damit begann der zweite Teil der Reise. Roberto, der sehr stolz auf sein Land war, zeigte uns auf der Fahrt zur argentinischen Grenze noch viel Sehenswertes im Park. Über Nacht hatte es geschneit, so boten die weißen Bergspitzen einen reizvollen Kontrast zu den Schönheiten am Weg. Wir stoppten an einem anderen imposanten Wasserfall, über den Kondore mit weit ausgebreiteten Schwingen kreisten, wir sahen Guanakos (wile Lamas), die zu Hunderten an beiden Seiten der Schotterstraße grasten, wir entdeckten Andenfüchse und Nandufamilien (südamerikanische Straußenart). Uns fiel auf, dass deren Junge verschieden groß waren, und glaubten, dass das deswegen sei, weil sie zu verschiedenen Zeiten schlüpfen. Das stimmt aber nicht. Die Nandumutter macht sich schnell aus dem Staub, wenn sie die Eier gelegt hat und überlässt es dem Vater, den Nachwuchs auszubrüten und großzuziehen. Dabei ist es üblich, dass die Väter sich gegenseitig die Kinder klauen...

Später machten wir Pause an einem milchig-grauen See, der oft von Flamingos wegen des nährstoffhaltigen Wassers aufgesucht wird. An diesem Vormittag waren leider keine da. Also fielen wir über die Calafatebüsche her, die dort zu Hunderten standen und voller reifer Beeren hingen.

Die Grenze befand sich auf einer vom Sturm gepeitschten Höhe in einem gottverlassenen Nest. Weil der Grenzbeamte gerade Mittagspause machte, mussten wir warten und nutzten die Zeit, um in einem kleinen Laden die letzten chilenischen Pesos los zu werden.

Unsere Koffer wurden in einen argentinischen Bus umgeladen. Nachdem wir die Ausreiseformalitäten erledigt hatten, verabschiedeten wir uns von Roberto und wurden dann von Kitty, der argentinischen Reiseleiterin, in exzellentem Deutsch begrüßt.

An einem argentinischen Kontrollpunkt mussten wir die Pässe noch einmal vorlegen und dann ging es auf einer Schotterstraße weiter. Regen und Sonne wechselten sich ab, viel zu sehen gab es ohnehin nicht. Kitty erzählte sehr viel Interessantes über ihr Land, so dass die Fahrt über die schier endlose Pampa nicht langweilig wurde. Bis zum Horizont erstreckte sich ebenes Land, bewachsen mit Pampasgras und niedrigem Buschwerk. Wenn man ein paar Schafe sah, war das schon eine Abwechslung. Hin und wieder entdeckte man eine Ansammlung von Häusern, zum Schutz gegen den Wind von Pappeln umgeben. Das waren die Estancias, um die sich Péones (Hilfsarbeiter) kümmern. Tagelang müssen sie die Besitzungen abreiten, um Zäune und Vieh zu kontrollieren, und das für kümmerlichen Lohn. Die Besitzer leben meist in Buenos Aires. Manchmal sieht man planierte Pisten, die Landebahnen für die Flugzeuge der Eigentümer, die hin und wieder nach dem Rechten sehen. Das meiste Land dieser Gegend gehört übrigens der Firma Benetton, die hier ihre eigene Wolle züchtet.

Auf halbem Weg machten wir Rast in der kleinen Ansiedlung La Esperanza. Ursprünglich war dies eine Übernachtungsstation für Pferdetrecks, die Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts die Wolle nach Punta Arenas oder Puerto Natales transportierten, von woaus sie nach Europa verschifft wurde. Der Treffpunkt für die Zusammenstellung dieser Trecks war Calafate, damals nur eine Ansammlung von Calafate-Sträuchern (eine Art patagonische Blaubeeren). Der jetzige Ort existiert erst seit 1960. Auf der Strecke errichtete man im Abstand einer Tagesetappe, etwa 35 km, Übernachtungsherbergen. Eine davon ist La Esperanza.
 
Am späten Nachmittag erblickten wir zum ersten Mal von einem Aussichtspunkt den riesigen Lago Argentino, eine halbe Stunde später erreichten wir endlich El Calafate, einen kleinen Touristenort, der bald nicht mehr klein sein wird, weil er durch den boomenden Tourismus unaufhaltsam wächst. Es war Sonntag und das Wetter wieder sonnig. Später bummelten wir alle gemeinsam durch die Stadt, um Geld zu tauschen und ein paar Besorgungen zu machen. Da ich nicht so ganz fit war und unbedingt am nächsten Tag mit zum Perito-Moreno-Gletscher wollte, ließ ich mein Abendessen stehen und ging ins Hotel zurück. Die anderen erlebten noch einen unterhaltsamen Abend mit Musik und Tanz.

24.01.                                                                                                           nach oben
Wir wurden sehr früh abgeholt. Mir ging es wieder gut, nur Olli, der schon am Abend vorher mit einer Erkältung gekämpft hatte, blieb zurück.

Eigentlich hatte jeder Tag sein spezifisches Highlight, aber was wir heute erlebten, war so unvergleichbar, dass Olli mir leid tat, weil er es nicht sehen konnte.

Knapp zwei Stunden mussten wir mit dem Bus fahren bis wir eine Anlegestelle erreichten, an der wir in ein kleines Boot stiegen, das uns zum berühmten Gletscher Perito Moreno brachte, genau genommen zu einer Hütte am Gletscherrand. Die Gletscherzunge hatten wir schon aus der Ferne gesehen, aber je näher wir heranfuhren, umso unfassbarer wurde das, was sich da bot.

Am Anleger wurden wir von zwei Angestellten des Nationalparks begrüßt, die uns zunächst in die Hütte führten, damit wir die Rucksäcke deponieren und uns für die Gletscherwanderung ausrüsten konnten. Bevor die eigentliche Tour begann, haben sie uns eine Menge über dieses Phänomen erzählt, u.a wie es dazu kommt, dass der obere Teil des Sees von den Eismassen gestaut wird. Alle paar Jahre bricht die Wand zusammen, und dann donnern gewaltige Wassermassen in den unteren Teil und verursachen große Überschwemmungen talabwärts. Schon Tage vorher warten Schaulustige und Reporter auf dieses Spektakel, mancher ist dabei ums Leben gekommen.

Für uns war nichts zu befürchten, weil der Tunnel in der Gletscherwand noch recht groß war, und das Wasser abfließen konnte.

Jedem einzelnen wurden Steigeisen angepasst, anschließend gab es eine kurze Einführung, damit wir mit den Steigeisen zurecht kamen, und dann begann die Wanderung. Sehr bedächtig schritten wir auf diesem Wunder aus Weiß und Blautönen, die von dunkelblau bis türkis variierten. Kleine Spalten hatten sich im Eis aufgetan, in die man nicht hineinfallen konnte, aber deren unbeschreiblichen Farbtöne bestaunenswert waren. Wenn es eine kritische Stelle gab, war sofort einer der Begleiter da, um Hilfestellung zu leisten. Ganz zum Schluss erkletterte einer der Führer unter Zuhilfenahme eines Eispickels in atemberaubender Geschwindigkeit und unter viel Beifall eine steile Eiswand. Ganz am Ende der Tour, bevor wir die Steigeisen wieder abschnallten, wurde Whisky on the rocks serviert, natürlich mit Gletschereis.

Der Rückweg zur Hütte führte durch einen wahren Märchenwald, der deswegen so zauberhaft war, weil wir durch die dunklen Bäume immer wieder einen Blick auf die blaue Gletscherwand werfen konnten, in der es ständig geheimnisvoll krachte. Einmal konnten wir sogar sehen, wie ein größeres Stück abbrach.

In der Hütte wurde Kaffee zu unserem mitgebrachten Picknick angeboten.

Nach freundlicher Verabschiedung von den beiden Führern brachte uns das Boot wieder zum Bus. Anschließend fuhren wir zu einem Aussichtspunkt, um auch die andere Seite des Gletschers zu sehen. Hier bot sich ein noch überwältigenderer Anblick, weil die vielen Blaus jetzt von der Sonne bestrahlt wurden. Man hat hier ein umfangreiches Wege- und Terrassensystem angelegt, so dass man Gletscherfeld und -wand immer wieder aus einer anderen Perspektive bestaunen konnte. Zwei Stunden hielten wir uns hier auf, und es war kein bisschen langweilig.

25.01.
Wir waren überrascht, als wir an diesem Morgen Käse und Schinken auf dem Frühstückstisch vorfanden. Am Vortag hatte man danach gefragt. Obwohl in Argentinien zum Frühstück nicht üblich, hatte der Hotelbesitzer sofort darauf reagiert. Immer wieder haben wir uns darüber gefreut, dass die Leute sich so bemühten, alles recht zu machen.

Auch heute mussten wir früh starten, weil es eine Weile dauerte bis wir nach Punta Bandera gelangten, wo wir wieder ein Boot bestiegen, auf dem wir den größten Teil des Tages verbringen würden. Es war nicht erlaubt, sich an Deck aufzuhalten, weshalb, das erfuhren wir recht bald. Um die Strecke zum weit entfernt liegenden Upsala Gletscher möglichst schnell zu überwinden, düsten wir mit einer derartigen Geschwindigkeit los, dass Oli Thomas zurief, weshalb er uns denn vorher nicht gesagt hätte, dass wir U-Boot fahren würden. Auch hier erhielten wir ein reichhaltiges Lunchpaket und Getränke.

Auf diesem Boot trafen Micha und Oli einen Mitabiturienten, den sie vor 15 Jahren das letzte Mal gesehen hatten. Die Freude war natürlich groß.

Bald entdeckten wir kleine Eisberge im Wasser, und, je mehr wir uns der Gletscherwand näherten, immer größere. Sie zeigten sich nicht nur in den bekannten wunderschönen Blautönen, sondern auch in den bizarrsten und interessantesten Formen, oft von großer Fragilität. Inseln mit ganzen Höhlensystemen und Phantasiegebilden schwammen an uns vorüber. Das Boot verlangsamte die Geschwindigkeit und so

konnte wir endlich nach draußen, um alles aus nächster Nähe anzuschauen. Ganz nahe konnten wir an die Gletscherzunge nicht heran, weil die Wand wie Dominosteine in einer Kettenreaktion zusammenfällt und dadurch riesige Eisstücke abgespalten werden, die gefährlich werden könnten.

Beide Gletscher, der Perito Moreno und der Upsala Gletscher sind Teile des südpatagonischen Eisfeldes, das aus insgesamt sieben großen Gletschern besteht. Wir befanden uns auf dem Brazo Upsala, einem Nordarm des Lago Argentino.

Nachdem wir den Gletscher vor der phantastische Bergkulisse ausgiebig bewundert – statt sehen kann man sich daran einfach nie, weil durch das Spiel von Sonne und Wolken immer wieder neue unglaublich schöne Eindrücke entstehen – und ausreichend Fotos geschossen hatten, wurden wir zur Estancia Christina gebracht, die an einem anderen Seitenarm des Sees liegt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie von einem Engländer gegründet, unter unglaublichen Bedingungen, fernab von jeglicher Zivilisation und in einem äußerst extremen Klima. Um zu überleben, musste man nicht nur für Unterkunft und Nahrung sorgen, sondern auch alle notwendigen Gerätschaften selbst herstellen, sogar ein Boot, um die Wolle zu den Absatzmärken transportieren zu können. Dafür gab es eine Werkstatt, die wir uns anguckten. Man zeigte uns auch einen kleinen Obst-und Gemüsegarten, der gleichzeitig Friedhof war. Hier liegt die Tochter der Familie begraben, die der Estancia den Namen gab. Sie musste sterben, weil man in dieser Abgeschiedenheit nicht schnell genug Hilfe holen konnte als sie erkrankte. Einmal ist die gesamte Farm abgebrannt.

Bis vor einigen Jahren war das Anwesen noch in Familienbesitz – Kitty hatte die letzte Eigentümerin gekannt -. Da keine direkten Nachkommen vorhanden waren, ging die Estancia in den Besitz des Nationalparks über. Jetzt ist sie Museum und wir von einer Anzahl junger Leute bewohnt, die die Touristen betreuen.

Wir unternahmen einen kurzen Ausflug zu einem Wasserfall, von woaus man wieder einmal einen herrlichen Rundblick auf das Tal und die umliegenden Berge hatte. Hier oben teilten die beiden Mädchen, die uns hergeführt hatten, Kaffee und Gebäck aus, das sie im Rucksack mitgebracht hatten. Die beiden waren sehr fröhlich, u.a. wohl, weil sie, wie sie uns später sagten, glücklich seien, hier einen Arbeitsplatz gefunden zu haben.

Ganz zum Schluss wurden wir mit einem herrlichen Asado verwöhnt. Es gab Fleisch, Salate, Wein, Kaffe und Kuchen soviel man wollte.

Die Rückfahrt nach Punta Bandera genossen wir an Deck bei Sonnenschein und mit wunderschönen Ausblicken auf die Berge.

Abends besuchte ein Teil der Gruppe ein gemütliches Künstlerlokal. Die Wände standen voller Bücherregale, man konnte Bücher entnehmen, um darin zu lesen oder anzugucken. Später erschienen ein Musiker und ein Dichter, der zunächst eigene Gedichte vorlas. Später rezitierte er mit großer Mimik und unter viel Applaus etwas, was wir leider nicht nachvollziehen konnten. Die Einheimischen lachten sich jedenfalls kaputt.

                                                                                                                      
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26.01.
Am späten Vormittag wurden wir mit dem Bus zum Flughafen gebracht, um nach Ushuaia auf Feuerland zu fliegen. Kay musste zurückbleiben, weil kein Platz für ihn gebucht war, denn er hatte sich ziemlich spät angemeldet. Mit einer Maschine, die zwei Stunden später startete, sollte er nachkommen.   

Sogar in Ushuaia war das Wetter gut, zwar nicht sonnig, aber immerhin so, dass man die Berggipfel ringsum sehen konnten. Wir unternahmen einen Ausflug in Richtung Hausgletscher, der sich in den letzten drei Jahren um einige hundert Meter zurück gezogen hat. Das jedenfalls berichteten die beiden, die dort hingewandert waren. Wir anderen besuchten das Skigebiet unterhalb des Gletschers. Mit dem Skilift ließen wir uns hinaufbringen und wanderten von dort aus zu einem Aussichtspunkt. Der Aufstieg war zwar nicht gefährlich, aber sehr steil. Deswegen teilte sich die Truppe beim Abstieg, um einen bequemeren Weg zu suchen. Der endete jedoch in der Wildnis, so dass wir zurück mussten. In einem gemütlich Café unterhalb des Lifts trafen wir schließlich alle wieder zusammen. Hier ließen wir es uns bei riesigen Kuchenportionen und mit herrlichen Ausblicken auf die Stadt, den Beagle- Kanal und den Hafen gut gehen.

Kai war noch nicht im Hotel eingetroffen, obwohl sein Flugzeug längst gelandet war. Während Oli und Micha uns in die Stadt führten, in der sie sich bereits durch die Antarktis-Reise auskannten, setzte Thomas sich in ein Taxi, um zum Flughafen zu fahren. Unterwegs kam ihm Kai zu Fuß entgegen. Wir waren natürlich froh, dass er wieder bei uns war.

Einige andere und ich schlossen uns Thomas an, der ein Restaurant aussuchte, wo wir für nur 11 Dollar ein herrliches Asado mit allem Drum und Dran bekamen. In gemütlicher Runde endete wieder ein schöner Tag.

27.01.
Nachts hatte es geregnet. Weil der Regen auf die Wellblechdächer prasselte und dadurch starken Lärm verursachte, empfand man ihn als heftiger als er war. Das Wetter war wieder strahlend schön als uns der Bus abholte, der uns zunächst zur „Bahnstation am Ende der Welt“ brachte. Wir sollten eine Reise im Sträflingszug erleben, aber der entpuppte sich als liebevoll hergerichtete Schmalspurbahn mit komfortablen Wagons und historischen Dampflokomotiven. Im Bahnhofsgebäude wurden die Besucher von einer Tangokapelle empfangen. Die Musiker waren ganz in schwarz gekleidetet.

Mit dem Zug tuckerten wir durch eine attraktive Landschaft, stiegen unterwegs auch einmal aus und hörten uns in drei Sprachen pathetische Geschichten an, die den Pioniergeist jener Männer rühmten, die Feuerland erschlossen hatten. Denen war gar nichts anderes übrig geblieben, denn es handelte sich um Strafgefangene, die nach dem Vorbild Sibiriens Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts hier Zwangsarbeit leisten mussten.

Später, am Beagle Kanal, setzten wir in einem Zodiak zur kleinen Isla Redonda über, auf der sich das südlichste Postamt Argentiniens befindet. Da der Beamte gerade Mittagspause hatte, unternahmen wir zunächst eine Wanderung über die Insel. Sie ist wunderschön, überwiegend mit Urwald bewachsen. Leider konnten wir uns gar nicht so richtig umsehen, weil uns die Führerin im Eiltempo durch die Gegend jagte und dann endlose Pausen einlegte. Man hatte den Eindruck, dass sie von einem Zigarettenstopp zum anderen hetzte. Da es an den Rastplätzen aber auch sehr schön war, konnten wir uns wenigstens hier in Ruhe umschauen. Auf dieser Insel, wie auch an anderen Orten, stießen wir immer wieder auf Denkmäler oder Tafeln, die an den Falklandkrieg erinnern. Das erweckte fast den Eindruck, als hätte Argentinien diesen Krieg gewonnen.

Außer der Poststation gibt es auf Redonda noch einen kleinen Militärposten, der den Beagle Kanal überwacht, denn die chilenische Grenze ist zum Greifen nahe. Von der Station haben wir nichts weiter gesehen, als zwei Hunde, die uns bellend begrüßten, und Wäsche die zum Trocknen auf der Leine baumelte.

Nach etwa einer Stunde waren wir wieder bei der Poststelle angelangt, die jetzt geöffnet war. Der Beamte dekorierte unsere Pässe liebevoll mit Marken, einem Schleifchen und zwei Stempeln.

Wenn mir die Führerin auch nicht besonders gefiel, so war ich doch froh, dass sie für uns eine Matherunde zelebrierte, die ich unbedingt einmal sehen wollte. In einer Bombilla werden die Mathekräuter mit Wasser aufgebrüht. Dann wird der Topf in der Runde (meist Männerrunde) herumgereicht und jeder zieht das bittere Gebräu durch ein Röhrchen in den Mund. Wenn keine Flüssigkeit mehr vorhanden ist, wird heißes Wasser nachgegossen. In keinem Fall darf man danke sagen, denn dann scheidet man aus der Runde aus.

Am Bus erhielt jeder ein üppiges Lunchpaket, sogar mit Obst, Wasser und Süßigkeiten. Wir stärkten uns bevor wir zu einer 5-stündige Wanderung aufbrachen, die uns durch feuerländischen Urwald am Beagle Kanal entlang führte. In der Ferne türmten sich schneebedeckte Gipfel in den azurblauen Himmel, auf Lichtungen grasten wilde Pferde, die eigentlich zu irgendeiner Estancia gehörten, manchmal im Winter in den Stall geholt werden, aber meistens im Freien überwintern. Leider war auch hier der Weg nicht das Ziel. Ich hätte mich gern ein bisschen mehr umgeschaut, wollte aber den Anschluss nicht verlieren. Ziemlich am Ende der Tour hatte ich das Gleichgewicht verloren. Weil es etwas Zeit in Anspruch nahm, bis Britta und Thomas mich aufgesammelt hatten, hatten wir vier (Kay war auch noch dabei) das große Glück, einen seltenen Uhu hoch oben im Baumwipfel zu beobachten.

Die Wanderung endete in einem Café bei Kaffe und Kuchen. Dort erfuhren wir dann von einem Franzosen, den einige von der Magellanes kannten, dass die Fähre auf einen Felsen gelaufen war.

Der Ausflug fand am See Bahia Lapataia seinen Abschluss, dort, wo  auch die Pan-Americano (Routa 3) endet.

Der Bus brachte uns nach Ushuaia zurück, wo es uns wieder ins bewährte Asado-Restaurant zog. Illo und Thomas hatten sich für einen sündhaften Preis Königskrabben geleistet, was sich allerdings als Reinfall erwies, denn das köstliche Krabbenfleisch wurde stark zerkleinert in einer undefinierbaren Soße serviert.

28.01.
Auf dem Programm stand heute eine Katamaranfahrt auf dem Beagle Kanal, um Robben und Vögel zu beobachten.

Schon die Anfahrt zu den kleinen Inseln war ein Traum, weil wir wieder mit herrlichen Ausblicken auf die schneebedeckten und sonnenbeschienenen Gipfel und einem tiefblauen Himmel verwöhnt wurden. An verschiedenen kleinen Felseninseln stoppte das Boot, damit wir aus nächster Nähe die vielen Robben, Seelöwen und Kormorane beobachten konnten. Zum Schluss fuhren wir zum angeblichen letzten Leuchtturm am Ende der Welt (auf Kap Hoorn gibt es auch noch einen), der auf einem kleinen Felsen an der Hafeneinfahrt von Ushuaia verankert ist.

Während der Rückfahrt gab es noch viele Vögel, wie Magellangänse und Schwarzhalsschwäne zu sehen, die wir bereits von Puerto Natales kannten.

Der Nachmittag stand zur freien Verfügung.

Am späten Nachmittag trafen wir uns alle wieder, weil wir in der Abenddämmerung Biber beobachten wollten. An der Station wurden wir mit lautem Hundegebell begrüßt. Es waren vier, jeweils zu weit in einer Hütte untergebracht.

Als wir in das Blockhaus traten, blickte uns von einer Balustrade die Hündin Dama so herzzerreißend traurig an, dass man nicht anders konnte als sie immer wieder streicheln. Der Clou der gesamten Hundebande war aber Buggi, eine Mischlingshündin, die uns am Biberteich erwartete. Um dort hinzugelangen, mussten wir ein Stück durch den Urwald laufen, dessen Bäume eigentlich nur noch Fragmente waren, denn die Biber hatten alles zerstört und waren ein Stück weiter gewandert. Hin und wieder mussten wir acht geben, dass wir nicht in ein Fluchtloch gerieten, denn die Tierchen legen ein so raffiniertes unterirdisches Kanalsystem an, dass sie bei Gefahr jederzeit in eine beliebige Richtung entweichen können. Bald konnten wir auch schon zwei Biber im Teich schwimmen sehen. Buggi lag am Ufer auf der Lauer und musste gar nicht lange warten bis direkt vor ihr ein Biber auftauchte. Mit einem Sprung versuchte sie ihn zu schnappen, aber er war schon wieder abgetaucht. Dieses Spielchen wiederholten die beiden mehrere Male, so als hätten sie es extra für die Besucher eingeübt. Wir schlichen uns auf eine andere Seite des Teiches, um einem Biber beim Abendessen zuzusehen, ein anderer schleppte eifrig Bäume und Strauchwerk für die Dammbefestigung herbei.

Als am Horizont vor der abendlichen Bergkulisse ein doppelter Regenbogen in kräftigen Farben sichtbar wurde, hatten wir wieder einmal unvergessliche Eindrücke gesammelt.

Später erzählte uns die Besitzerin der Station, dass Buggi mit den Bibern von einem deutschen Fernsehteam gefilmt worden sei, und so hoffe ich, dass ich sie im Fernsehen noch einmal wiedersehen werde.

Zum Abschluss, es wurde schon dunkel, wurden wir zu einem leckeren Abendessen in das Blockhaus gebeten. Die gesamte Familie war im Einsatz. Die Mutter hatte gekocht, Vater und Sohn servierten uns verschiedene, lecker zubereitete Fleischsorten, Gemüse, Salate, Dessert und Wein. Selbst Dama konnte nicht widerstehen und verließ ihre Balustrade. Buggi war ohnehin schon da, aber füttern durften wir die beiden nicht. Das einzuhalten, fiel schwer.

Gegen 23 Uhr setzte der Bus uns wieder am Hotel ab.

29.01.
Den heutigen Tag konnten wir auf eigene Faust gestalten. Ich bin mit Margitta losgezogen, um Stadtmuseum und Gefängnis anzusehen. 

Das Stadtmuseum war sehr interessant, weil dort vieles dokumentiert ist, worüber ich gelesen hatte. Ein Film zeigte, wie erbärmlich die Bootsnomaden gelebt haben, nämlich nackt mit der ganzen Familie und Hund in einem winzigen Boot. In der Mitte gab es eine kleine Feuerstelle zum Wärmen. Die Männer gingen auf Jagd, die Frauen tauchten völlig nackt im eiskalten Wasser, um Fisch zu fangen. Diese und andere Indianer wurden systematisch ausgerottet oder in Missionsschulen gezwungen, wo sie verkümmerten oder an Krankheiten starben, die aus Europa eingeschleppt wurden. Sie wurden bestraft, wenn sie sich untereinander in der eigenen Sprache unterhielten, nur Spanisch war erlaubt.

Hier wurde auch der englischer Missionar Thomas Bridges gewürdigt, der auf den Falklandinseln die Sprache der Eingeborenen erlernt und später ein erstes Wörterbuch verfasst hatte. Er hatte sich viel Vertrauen bei den Indianern erworben, ist dafür aber von der Steiler-Mission ausgeschlossen worden.

Eine andere Etage ist dem Gefängnis der Stadt gewidmet, wo man u.a. wertvolle handwerkliche Arbeiten der Gefangenen zeigt, die sie für die Wärter und einige Stadtbewohner gefertigt hatten. Überhaupt hatten die Gefangenen viele gemeinnützigen Aufgaben zu erledigen. Sie stellten die Feuerwehr und das Blasorchester der Stadt, sie haben Straßen und Plätze angelegt und die Hafenanlage gebaut, und das alles unter extremen klimatischen Bedingungen. Man kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass all das erst vor ca.100 Jahren begann und bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts fortdauerte.

Gefängnisse interessieren mich nicht sehr, trotzdem bin ich durch die Zellen gelaufen. Manchmal standen dort Konterfeis ehemaligen Insassen aus Pappe, an den Wänden waren die kriminellen Biografien dokumentiert. Margitta hatte ich inzwischen verloren.

Draußen war es kälter geworden, eigentlich so, wie ich es auf Feuerland erwartet hatte. Sonne, Regen, manchmal Graupel, wechselten einander ab. Während einer sonnigen Phase bin ich zum Hafen gegangen. Ushuaia ist Ausgangspunkt für Antarktisreisen. Hier ankern Forschungsschiffe und Eisbrecher, aber auch Kreuzfahrtschiffe. An diesem Tag war die Hanseatic angekommen. Dass ein deutsches Schiff im Hafen lag, hatte ich daran gemerkt, dass eine wahre Invasion von Deutschen das Schokoladengeschäft stürmte, in dem ich gerade meinen Nachmittagstee trank. Argentinien ist berühmt für erlesene Schokoladenprodukte.

Gegen 18 Uhr trafen wir uns für den Transfer zum Flughafen.                       
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In Trelew kamen wir ziemlich spät an. Hier begrüßte uns Erika, die uns wortgewaltig nach Puerto Madryn, einem Badeort an der Atlantikküste, begleitete. Da wir im Flugzeug verköstigte worden waren – sogar mit Wein – fiel das Abendessen aus. Wir sind dann auch sehr bald zu Bett gegangen.

30.01.
Der Morgen zeigte sich wieder von der sonnigen Seite. Der Frühstücksraum lag im obersten Geschoss des Hotels, so dass man einen herrlichen Rundblick auf die Stadt und das Meer hatte.

Es war Sonntag. Nach dem Frühstück holte Erika uns für den Tagesausflug zur Halbinsel Valdez ab. Wir fuhren – meist auf Schotterstraßen - lange durch die endlose Pampa. Im Bus stellte sich Müdigkeit ein, einer nach dem machte ein Nickerchen, obwohl Erika pausenlos plapperte. Sie hatte sich selbst Deutsch beigebracht und das verlieh ihrer Aussprache einen besonderen Charme. Sie sprach weiß Gott kein korrektes Deutsch, aber man wusste immer was sie meinte.

Leider konnten wir den Strandabschnitt, auf dem wir einige Seeelefanten aus nächster Nähe hätten sehen können, nicht besuchen, weil das Terrain Privateigentum ist und bereits einige Busse vor uns angekommen waren. Also fuhren wir ein Stück weiter zu einer Steilküste, was wir eigentlich nicht durften, weil hin und wieder ein Stück der Küste abbricht. Mit ein bisschen Phantasie und einem Fernglas, konnte man Seeelefanten am Strand erkennen.

Während der weiteren Fahrt sahen wir Nandus, Guanakos, jede Menge Haseneulen, die zwischen Pampa-Buschwerk leben, Füchse, Hasen und sogar ein Gürteltier. Wir wussten gar nicht was passierte als der Bus plötzlich stoppte, und Erika und der Fahrer nach draußen stürzten. Sie rannten hinter einem Tier her, bedrängte es von zwei Seiten und fingen es dann ein. Es war ein Gürteltier, das sie uns zeigen wollten. Vor lauter Schreck ließ das Tierchen gleich ein paar Würstchen fallen. Nachdem wir es angeschaut und fotografiert hatten, durfte es wieder davon laufen. Viel mehr bewundert habe ich allerdings, in welchem Tempo Erika, eine Frau von etwa 60 Jahren, hinter dem Tier herrannte.

Mittagspause haben wir in einem der sehr wenigen, dafür aber recht schönen Restaurant der Halbinsel eingelegt. Hier konnten wir die Seeelefanten dann doch noch aus größerer Nähe betrachten. Sie lümmelten sich am Strand zwischen vielen Seelöwen.

Auf der Rückfahrt hielten wir irgendwo in der Pampa an, weil ein Pkw liegen geblieben war. Ein Trecker bemühte sich vergeblich, das Auto abzuschleppen, so wurde es hinter unseren Bus gehängt und zum einzigen Ort der Halbinsel, nach Puerto Pirámides gebracht.

Im Abendlicht fuhren wir zu einer weiteren Seelöwenkolonie. Dort hat es mir sehr gefallen. Hier tummelten sich Tausende von Tieren, manche dösten in der Sonne, andere erkämpften sich Liegeplätze, wieder andere flutschten ins Wasser oder kamen heraus. Am meisten Spaß machte es allerdings, den Babys zuzuschauen, wie sie in kleinen, vom Meer ausgewaschenen Tümpeln ihre ersten Schwimmversuche starteten.

Auf dem Rückweg nach Puerto Madryn legten wir noch einen Stopp an einem kleinen Walfischmuseum ein. Dort ist das riesige Skelett eines Franca Austral, des größten Walfisches dieser Gegend, ausgestellt. Besonders beeindruckend waren Teile seines Gebisses, die wie große Sägen an der Wand lehnten.

Es gab außerdem eine Ausstellung mit Fotos und Videos über alle Walfischarten dieser Gegend.

Vor dem Museum befand sich ein Aussichtsturm. Wir stiegen hinauf, um den größten der drei Salzseen der Insel, an dem wir am Vormittag vorbei gefahren waren, in seiner ganzen Ausdehnung und der für ihn typischen rosa Farbe zu sehen. Ausgerechnet heute war er grau. 

Nach Puerto Madryn kehrten wir spät am Abend zurück, aber immer noch früh genug, um einen kleinen Bummel über die Strandpromenade zu unternehmen. An einem Spielplatz hielten wir uns länger auf, weil Kinder dort eine Art Bungeespringen veranstalteten. Sie saßen in einer Vorrichtung, die an vier Seiten mit elastischen Stricken befestigt war. Jedesmal wenn sie sich mit den Füßen abstießen, hüpften sie wie ein Gummiball nach oben. Manche der Kleinen waren wahre Meister und erreichten schwindelerregende Höhen.

Den Tag ließen wir, wie üblich, bei leckerem Abendessen in einem hübschen Restaurant ausklingen.

31.01.
Auf das, was uns für heute versprochen worden war, freute ich mich ganz besonders. Wir sollten die Pinguine in Punta Tombo erleben.

Schon bevor wir die eigentliche Kolonie erreicht hatten, sahen wir Pinguine unter schattigen Büschen hocken oder über die Straße watscheln. Erika hatte uns unterwegs alles über diese liebenswerten Wesen erzählt. So liebenswert sind sie eigentlich gar nicht, denn sie ziehen nur zwei Junge groß und lassen, falls ein drittes da ist, dieses verhungern. Nur wenn eines stirbt, ziehen sie auch das dritte groß. Rivalen aus den eigenen Reihen werden gnadenlos getötet, selbst wenn sie sich längst ergeben haben. Und so ganz monogam sind sie auch nicht. Wenn dem Weibchen nämlich ein anderer Bewerber besser gefällt, schmeißt sie den Gefährten, mit dem sie jahrelang Kinder groß gezogen hat, einfach raus. Ansonsten haben sie ein schweres Leben. Den ganzen Tag über sind sie auf Nahrungssuche, was anstrengend und gefährlich ist, weil sie sich immer wieder durch Seelöwen kämpfen müssen, die am Strand auf der Lauer liegen, auch Killermöwen machen ihnen zu schaffen.

Zwei Stunden hatten wir Zeit, um die Tierchen ganz aus der Nähe zu sehen. Sie sind überhaupt nicht scheu, man kann zwischen ihnen umher laufen, sie gucken einen neugierig an, wenn man sie fotografiert und die Kleinen strecken einem die hungrigen Schnäbel entgegen. Sie lärmen unterunterbrochen. 225.000 Tiere waren in diesem Jahr gekommen, um hier den Nachwuchs aufzuziehen. Wenn die Kleinen schwimmen können, verschwindet die ganze Gesellschaft wieder und verbringt den Winter in wärmeren Gewässern vor der Küste Brasiliens. Mir fiel der Abschied von den Pinguinen richtig schwer. Andere Tiere, wie Guanakos, die es auch hier in großer Zahl gibt, waren auf einmal gar nicht mehr so interessant.

Am Flughafen angekommen, hatten wir uns nicht nur von Erika zu verabschieden, sondern auch von allen Naturerlebnissen dieser Reise. Eifrig wie immer, rannte Erika los, um einen großen Gepäckwagen zu organisieren, was aber nicht so besonders hilfreich war. Es wäre schneller gegangen, wenn jeder den eigenen Koffer zum Schalter gerollt hätte. Aber sie meinte es gut und verabschiedete jeden einzeln mit einer herzlichen Umarmung, so heftig, dass man das noch eine Weile im Nacken spürte.
                                                                                                                      
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Der Anflug auf Buenos Aires war sehr schön. Durch die nächtliche Beleuchtung erhielt man eine Vorstellung von den riesigen Ausmaßen der Stadt.

Wir wurden von einem verschnupften Reiseleiter in Empfang genommen. Er erzählte uns, dass die unerträglich feuchte Hitze seit dem Vortag verschwunden sei. Das blieb glücklicherweise auch während der beiden Tage unseres Aufenthalts so.

Auf der Fahrt zum Hotel sahen wir Straßen mit herrlichen Villen und gleich gegenüber Wellblechhütten und Baracken. Diese Kontraste begegneten uns später immer wieder im Stadtbild.

Das Hotel Bristol liegt sehr zentral an der Avenida des 9. Julio, ganz in der Nähe des Obelisken, der uns als Orientierungspunkt diente. Es war schon ziemlich spät, gegessen hatten wir, wie immer, im Flugzeug, aber Thomas wollte uns noch unbedingt ins Café Tortini führen, das einige Straßen entfernt lag. Es war wirklich sehenswert. So stelle ich mir ein Wiener Café vor, gesehen habe ich noch keines. Der Raum war ziemlich groß mit Lüstern an den Decken, die Wände waren mit unzähligen Originalbildern aller Stilrichtungen dekoriert, von denen mir einige recht gut gefielen, Tische und Stühle hatten den typischen Kaffeehaus-Charakter. Ich bestellte mir kühn eine halbe Flasche Rotwein, nicht ahnend, dass ich an diesem Abend auch noch mit einem Pisco auf Margits 60. Geburtstag anstoßen würde. Dank Ollis Arm gelangte ich wohlbehalten ins Hotel zurück.

01.02.
Die Stadt erkundeten wir zu Fuß. Zunächst verschaffte Thomas uns einen allgemeinen Überblick, später suchten wir gezielt Sehenswürdigkeiten auf. Der junge Mann, der uns am Abend in Empfang genommen hatte, hatte uns gleich wissen lassen, dass in Buenos Aires alle Menschen gleich sind, denn die rücksichtslosen Autofahrer machten keinen Unterschied, ob sie einen Reichen oder einen Armen überfahren. In der Tat musste man sich beim Überqueren der Straße sehr in acht nehmen, selbst wenn die Ampel grün zeigte. Ob Taxi, Pkw oder Lkw, mit einem kurzen Hupen heizten sie in unverminderter Geschwindigkeit an einem vorbei. Glücklicherweise legten wir den größten Teil der Besichtigungen in den verkehrsberuhigten Gegenden zurück. Die Barrikaden, die die Banken, bei der Pesoabwertung errichtet hatten, um ihre Gebäude vor dem Run der aufgebrachten Geldanleger zu schützen, waren noch immer vorhanden. In den Straßen gab es viele Menschen, die im Müll wühlten oder bettelten, und Straßenhändler, die alles mögliche anboten. Einer fiel mir besonders auf. Wir mussten eine Weile in seiner Nähe warten. Er verkaufte Kleinigkeiten wie Kämme, Postkarten etc. und leierte ohne Unterbrechung immer den selben Spruch her. Gekauft hatte niemand etwas. Er war offensichtlich blind, denn als er einmal seine dunkle Brille abnahm, sah man seine erheblich verletzten Augen. Auch habe ich bis heute eine junge Frau nicht vergessen, die mit zwei kleinen Kindern in einer Hausnische das Nachtlager aufgeschlagen hatte.

Wir bummelten am von der Polizei abgeriegelten Rathaus (weshalb wussten wir nicht) vorbei zur Plaza de Mayo, wo donnerstags noch immer die Mütter demonstrieren, um über das Schicksal ihrer Kinder und Männer zu erfahren, die während der Militärdiktatur verschollen sind. Hinter der Plaza befindet sich der Regierungssitz, die Rosada. Rosada  deswegen, weil ein Präsident das Gebäude rosa anstreichen ließ, um nach dem Bürgerkrieg die Einheit zwischen den roten Föderalisten und den weißen Unitaristen zu demonstrieren.

Unseren weiteren Erkundungsgang setzten wir in Richtung La Boca fort. Dieser Stadtteil liegt an der Mündung des Rio de la Plata, war früher ein verkommendes Hafenviertel und wurde inzwischen zur Pilgerstätte aller Touristen, weil ein Künstler die herrliche Idee hatte, die armen Bewohner dazu zu bringen, ihre Hütten und Häuser bunt anzustreichen. Später zogen Künstler hierher. Auf diese Weise  entstand das berühmte Künstlerviertel der Stadt. Der Weg dorthin führte uns durch interessante Wohnviertel mit alten, aber immer noch prächtigen Häusern in engen schattigen Gassen.

Auf einem Platz spielte ein Mann Tangomusik auf dem Akkordeon. Es war eine schöne Atmosphäre und die nutzten wir, um etwas zu trinken und auszuruhen. Die Restaurants ringsum hatten Tische und Stühle nach draußen gestellt. Da zum Getränk Nüsse gereicht wurden, erschienen auch bald jede Menge Tauben und stürzten sich, wenn ein Tisch verlassen wurde, sofort auf die Reste. Das führte dann dazu, dass alles was auf dem Tisch stand, Flaschen, Gläser und Teller zu Bruch gingen. Das Personal sammelte die Scherben mit stoischer Gelassenheit auf und bemühte sich auch nicht, den Tisch beim nächsten Mal schneller abzuräumen.

Wir hatten noch ein gutes Stück Weg vor uns und liefen durch ein Armenviertel in dem sich das Stadion befindet, in dem Diego Maradonas Karriere begann.

Farbenfrohen Gebäude, manche waren in vielen verschiedenen Farben angestrichen, zeigten an, dass wir am Ziel waren. Es gab viele Restaurants, deren Besitzer sich einiges haben einfallen lassen, um ihrem Lokal eine eigene Note zu geben. Manche hatten Pappfiguren auf den Balkons postiert, aus einigen Fenstern lehnten Pappnutten, andere hatten Pappmusiker vor dem Eingang aufgestellt. Viele Andenkenläden, Künstler, die ihre Werke zum Kauf anboten, Tänzer und Schauspieler, die ihr Können zeigten, und natürlich jede Menge Touristen bevölkerten die Gassen. Aus allen Lokalen erklang Tangomusik.

Nachdem wir uns ausgiebig umgeschaut hatten, fanden wir ein schönes Lokal, wo wir im Freien sitzen konnten. Ich war so hungrig, dass ich mir schon vorher an einem Stand gegrillte Wurst gekauft hatte. Hier wird die Wurst längs aufgeschnitten, um beide Seiten auf den Grill zu legen. Mir hat sie so gut geschmeckt, dass es mir wenig ausmachte, wenn der Verkäufer mit seinen russgeschwärzten Händen alles anpackte, was gerade anzupacken war. 

Der Rückweg zur Stadt führte durch die Docks. Das war sehr schön, weil wir auf den alten Kaimauern entlang laufen konnten. Außer einigen Ausflugsbooten und einem schwimmenden Restaurant, war alles ziemlich verrottet. Schließlich erreichten wir den restaurierten Teil des Hafens. Hier hatte man die alten Stapel- und Handelshäuser zu exklusiven Wohnanlagen mit kleinen Parks und einer Promenade mit Boutiquen und eleganten kleinen Geschäften umgestaltet.

Wir hatten uns die Füße richtig müde gelaufen. Zeit zum Ausruhen blieb aber  kaum, da wir uns für die Tangoshow, die wir abends besuchen wollten, stylen mussten.

Etwa um 20 Uhr wurden wir von einem Bus in ein Lokal gefahren. Die Vorführung begann relativ spät, denn vor der Show wurde ein Drei-Gänge-Menu serviert. Obwohl sehr viele Menschen abgefertigt werden mussten, lief alles reibungslos und zügig.

Die Tänzerinnen und Tänzer in wunderschönen Kostümen zeigten eine perfekte Darbietung.

Diese Veranstaltung war ein sehr schöner Abschluss der Reise.

Da sich nicht alle die Show angesehen hatten, wartete der Rest der Truppe im Tortoni, wo wir gemeinsam Abschied feiern wollten. Daraus wurde nicht allzu viel. Es war schon spät und einige waren müde. So machten wir uns bald auf den Weg ins Hotel. Thomas traf in dem Café überraschend einen Kollegen aus La Gomera, der für Wikinger in Argentinien unterwegs war.

02.02.
Unser Flugzeug sollte spät am Abend starten. So stand uns noch der ganze Tag zur freien Verfügung. Ich machte mich mit Illo, Angelika und Margitta auf den Weg. Wir wollten nach Ricoleta, einem vornehmen Stadtteil, der vor allen Dingen wegen eines Friedhofs bekannt ist, auf dem viele berühmte Leute begraben liegen. Begraben stimmt allerdings nicht so ganz, denn man trifft dort auf hausgroße Grabmale, oft aus schwarzem Marmor, aufwendig mit Skulpturen dekoriert, in denen Särge übereinander gestapelt stehen. Auf kleinen Tafeln ist fast immer zu lesen, welche Ämter und Berufe die Verstorbenen ausgeübt und welche Verdienste sie erworben hatten. Sehr oft kann man den gesamten Lebenslauf erfahren.

In den Gassen des Friedhofs kann man sich sehr leicht verirren. Das Grab von Evita Peron fanden wir nur, weil ich mich in eine englische Reisegruppe gemogelt hatte, deren Führerin sich in diesem Labyrinth auskannte. Inzwischen habe ich die Biografie von Eva Peron gelesen und weiß, welche Odyssee ihr Leichnam hinter sich hatte bis er endlich nach Argentinien zurück kam. So verwundert es nicht, dass man nur an einer schlichten, in den Fußboden eingelassenen Gedenktafel erkennt, dass diese bemerkenswerte Frau hier begraben liegt.

Auf der Stirnseite des Friedhofs befindet sich eine große Mauer mit nummerierten Fächern. Hier werden vermutlich die ärmeren Leute beigesetzt.

Illo hatte sich inzwischen von uns abgesetzt. Wir anderen bummelten durch einen naheliegenden Park und bestaunten riesige Bäumen mit dicken Stämmen und gewaltigem Wurzelwerk. In einem Teil des Parks fand eine Art Flohmarkt statt. Dort mischten wir uns ein bisschen unters das Volk.

Am frühen Abend suchten wir ein Restaurant auf. Ich verprasste meine letzten Pesos mit einem köstlichen Lomo und trank mein letztes Glas argentinischen Rotwein.

Glücklicherweise war noch soviel Geld übrig geblieben, dass wir ein Taxi nehmen konnten, nachdem zumindest ich feststellte, dass wir das Hotel zu Fuß nicht pünktlich erreichen würden. Die Straßen in Buenos Aires sind quadratisch angelegt, aber wir verfransten uns trotz Stadtplan immer mehr, weil wir meist in die falsche Richtung liefen. Am Hotel strömten auch die anderen unserer Truppe die aus allen Richtungen herbei.

Thomas begleitete uns zum Flughafen. Er blieb zurück, um nach einer abenteuerlichen Andenüberquerung mit dem Bus die nächste Gruppe in Santiago in Empfang zu nehmen.

Mit einem unvergesslichen Blick auf das Lichtermeer von Buenos Aires verabschiedeten wir uns von Südamerika.


Beim Reflektieren dieser Reise – und den anderen wird es vermutlich nicht anders ergangen sein - ist mir so richtig bewusst geworden, wie einmalig all das Erlebte war, und dass man die unglaublichen Eindrücke eigentlich keinem vermitteln kann. Man muss es selbst erleben.

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