Gästebericht Cuba '04

Bericht von Karin Simon, Teilnehmerin der Freundeskreisreise

Cuba ‘04 

vom 16.01. - 6.02.04

FotoalbumCuba-Programm

16.01.
Dank der schlechten Verbindungen nach Düsseldorf verbrachte ich, wie einige anderen auch,  vor Beginn der eigentlichen Reise noch einen zusätzlichen Tag in Madrid.

17.01.
Da wir erst wieder am Nachmittag zum Flughafen gefahren wurden, konnte Thomas uns noch die interessantesten Gebäuden, Plätzen und Straßen Madrids zeigen. Ein Ehepaar aus Schwaben und Katrin, eine Biologie-Studentin, die nach Costa Rica wollte und von Thomas einige Tipps erhielt, schlossen sich dem Rundgang an. Nachdem wir mittags gemeinsam die für Spanien typischen Tapas probiert hatten, hatten wir noch 1 1/2 Stunde Zeit, um uns allein umzuschauen.

Am Flughafen trafen wir den Rest der Truppe. Wir machten uns miteinander bekannt, Thomas half beim Ausfüllen der Formulare und vergaß darüber völlig seine Reisetasche. Er hatte sie an einem Laufband vom Gepäckwagen genommen und da stand sie noch immer. Die Passanten machten einen großen Bogen um sie herum. Als Thomas sie jedoch an sich nehmen wollte, erschien ein Uniformierter und erklärte, dass sie gerade im Begriff gewesen wären, die Polizei zu informieren und das Terminal zu räumen. (Nach den Anschlägen vom 11.03.2004 hätten sie sicherlich nicht so lange gewartet).

Das Flugzeug war rappelvoll. Ob man schlafen konnte, war nicht wichtig, denn wir landeten ohnehin am Abend Ortszeit und hatten so die ganze Nacht vor uns. Das Abfertigungspersonal in Havanna war sehr freundlich, und ich erhielt den ausdrücklich gewünschten Stempel in den Pass gedrückt. Normalerweise wird das nicht gemacht, weil man mit dem kubanischen Stempel nicht mehr in die USA einreisen darf.

Die ganze Nacht hatten wir nun doch nicht vor uns, denn mein Koffer fehlte. Nach zwei Stunden vergeblichen Wartens stellte sich heraus, dass er bereits am Vortag eingetroffen war. Die Gruppe musste sich in Geduld fassen bis die Formalitäten erledigt waren. Auf diese Weise kannten alle meinen Koffer und mich ziemlich schnell.

Vom nächtlichen Havanna war auf der Fahrt zum Hotel nicht viel sehen, weil die Straßenbeleuchtung etwas spärlich ausfiel. Gegen Mitternacht erreichten wir das Hotel. Thomas kam aus dem Staunen nicht heraus, denn eigentlich sollten wir im viel bescheideneren Lincoln absteigen. Dieses aber war das Plaza, ein großes schönes Kolonialgebäude.  Man hatte uns als Bonbon upgegradet..

Wir gönnten uns noch einen kurzen Absacker in der Bar. Um halb drei bin ich dann schließlich ins Bett gefallen.

18.01.
Das Frühstück (es war ein üppiges Frühstücksbüffet) nahmen wir auf der Dachterrasse des Hotels ein, von der man Ausblicke auf das Capitol und andere Gebäude der Stadt hatte.

Nach einem Rundgang über die gesamte Terrasse bin ich vor den Hoteleingang gegangen, und da muss ich vor Staunen mit offenem Mund gestanden haben. Die ulkigsten Vehikel donnerten an mir vorbei. Es waren amerikanische Limousinen aus den 50er Jahren, uralte Lkws, die einen fürchterlichen Qualm und Gestank ausspuckten und das legendäre Kamel, ein sehr langer alter Bus, der in der Mitte eingeknickt ist und mit Menschen vollgestopft war. Auch Rikschafahrer und Pferdetaxis gehören zum Straßenbild. Es war Sonntag, und der Verkehr lief einigermaßen moderat.

Vor dem Hoteleingang waren zwei Männer postiert, die den Gästen die Türen öffneten, was ich sehr höflich fand. Inzwischen ist mir klar, dass das kein Akt der Höflichkeit, sondern notwendig ist, damit keine Unbefugten ins Hotel gelangen.

Manuel, unser cubanischer Reiseleiter für die folgenden drei Wochen, führte uns zunächst in den nahegelegenen Parque Central mit einem Standbild von José Marti, dem Nationalhelden des Landes. Er war Dichter und Kämpfer für die Unabhängigkeit von Spanien und ist Fidel Castros großes Vorbild. Dann gingen wir zum Capitol. Die große Halle konnten wir nur für ein Eintrittsgeld von einem Dollar besichtigen. Thomas machte uns klar, dass der Dollar direkt der Erhaltung des Gebäudes diene, und so entschlossen sich fast alle, hineinzugehen. Die Wächterin hüpfte vor Freude und war ganz ausgelassen. So einen Andrang hatte sie wohl selten erlebt.

Manuel wollte uns an diesem Vormittag die vier schönsten Plätzen der Stadt zeigen, aber ehe wir den nächsten erreichten, legten wir eine Mojito-Pause auf der Dachterrasse des Hotels Ambos Mundos, wo Hemingway abzusteigen pflegte, ein. Sein Zimmer kann heute als kleines Museum besichtigt werden. Hier erlebten wir das erste Mal Lifemusik, was während der weiteren Reise in jedem Lokal und auf den Straßen kubanische Normalität war. Der Mojito war köstlich, die Musik schön und laut, und der Ausblick von der Dachterrasse auf die Festung El Morro und die Hafeneinfahrt faszinierend.

Etwas angeheitert, dennoch aufmerksam, wanderten wir durch alte koloniale Gassen von einer Plaza zur anderen. An allen Plätzen gruppieren sich Paläste, Stadthäuser und manchmal auch eine Kirche. Reiche und berühmte Leute waren einst Besitzer dieser Häuser. Heute leben dort ganz normale Menschen. Als Castro an die Macht kam, flohen viele Eigentümer nach Miami und weil sie glaubten, bald wieder zurück zu sein, wiesen sie das Personal an, sich zwischenzeitlich um die Anwesen zu kümmern. Castro bestimmte jedoch, dass jeder in dem Haus bleiben dürfe, in dem er wohnte, was dazu führte, dass einstige Bedienstete in den hochherrschaftlichen Häusern lebten. Da diese Menschen jedoch nicht in der Lage waren, die Gebäude zu erhalten, hat der Staat sie übernommen und ihnen Wohnungen zugewiesen. Man versucht jetzt, mit Hilfe der Unesco, diese wunderschönen alten Stadtviertel zu restaurieren, aber einige Fassaden sehen noch recht trostlos aus.

Nun wurden wir auch zum ersten Mal mit der Jagd auf Dollars konfrontiert, der wir in den Städten begegneten. Später ignorierten wir die Leute einfach, obwohl es mir jedes Mal schwer fiel, sie abzuweisen. Manche versuchen es mit einer kleinen Gegengabe, wie z.B. ein junger Mann, der Konterfeis auf ein Stück Papier kritzelte, um sie für etwas Geld an den Betroffenen zu verkaufen, oder ein alter Mann, der mit Sombrero und Havanna-Zigarre auf einer Türschwelle saß und hoffte, dass die Touristen den Klischeevorstellungen erliegen und ihn gegen einen kleinen Obolus fotografieren.

Im Revolutionsmuseum begegnete uns zum ersten Mal die Revolution. Die Original Granma, das Boot, mit der die Kämpfer gegen den blutrünstigen Dikatator Batista einst aus Mexiko gekommen waren, ist dort aufgestellt. Es ist unvorstellbar, dass auf diesem kleinen Boot 83 Männer, Proviant und Waffen transportiert worden sind. Selbstgebaute Panzer, Lastwagen und Geschosse sind auf dem Gelände zu sehen. Wenn man all das betrachtet, kann man den großen Idealismus, von dem diese jungen Leute getragen wurden, ein wenig nachvollziehen. Im Museum sind in mehreren Etagen Fotos, Dokumente und Ausrüstungsgegenstände zu sehen, die unmittelbar mit der Revolution und dem Untergrundkampf zu tun hatten. Alles in allem war es eine sehr aufschlussreiche Dokumentation.

Es war früher Abend als wir ins Hotel zurückkamen. Das Essen nahmen wir in einem anderen Stammlokal von Hemingway, der „Bodeguita del Medio“ ein. Es gab schwarze Bohnen mit Reis, Kartoffeln, dazu wahlweise Rind-, Schweine-, Hühnerfleisch oder Fisch und Salat, der aus Tomaten und Gurken bestand. Diese Menufolge gab es eigentlich immer während der gesamten Reise. Trotzdem war das Essen abwechslungsreich, denn in jedem Restaurants wurde es anders zubereitet.

Eigentlich wollten wir anschließend in eine bestimmte Bar, aber die war derart überfüllt, also folgen wir zwei jungen Männern, die uns schon vorher angequatscht hatten, in eine andere Bar. Der Mojito schmeckte auch hier, aber wir sollten einen ganzen Dollar mehr dafür zahlen.

Als Thomas den Chef sprechen wollte, verlangte man auf einmal den üblichen Preis. Vermutlich teilen sich Schlepper und Personal den zusätzlichen Dollar.

Müde und zufrieden wie immer, fiel ich kurz vor Mitternacht ins Bett.

19.01.
Zwar stellte ich mir jeden Tag den Wecker, aber durch die Helligkeit und die Aktivitäten des Hotelpersonals wurde ich immer um 7 Uhr morgens wach. Während der Nacht hatte es geregnet. Das merkte ich daran, dass Schlappen und Rucksack in einer Pfütze standen. Auf Kuba hat kaum ein Gebäude Fensterscheiben, sondern Fensterläden aus Holz, die mit verstellbaren Lamellen versehen sind. Ich hatte sie geöffnet, damit etwas Licht ins Zimmer kommt, denn die Räume sind sehr dunkel und die elektrische Beleuchtung etwas spärlich. Natürlich hat auch das seinen Sinn, denn Glasscheiben multiplizieren die Hitze, die von draußen eindringt.

 Thomas führte uns heute morgen durch Centro Havanna mit seinem „morbiden Charme“, wie er es auszudrücken pflegte. Es war in der Tat morbide. Dass diese herunter gekommenen Straßenzüge einstmals von prächtigen Häusern gesäumt waren, konnte man an den verbliebenen Ornamenten der Fassaden erahnen, aber das gesamte Viertel ist dem Verfall preisgegeben. Manche Häuser werden abgestützt, damit sie nicht zusammenfallen. Selbst wenn Geld für Restaurierungen vorhanden wäre, wären die wohl kaum durchführbar. Man mag es manchmal gar nicht glauben, dass in den Häusern noch Menschen wohnen. Aber sie lachen von den Balkons, stehen vor ihren Wohnungen oder winken aus dem Fenster. Wer etwas Farbe ergattern kann, möbelt wenigstens seinen Wohnbereich auf. Es sieht dann ganz ulkig aus, wenn an einer grauen Fassade ein Stückchen Wand hell gestrichen ist. Von der Straße aus hat man einen direkten Einblick in kubanischen Wohnungen, die ziemlich düster wirken, aber das trügt, denn in einem Mietshaus gruppieren sich die einzelnen Wohnungen meist um einen grünen lichten Innenhof.

Am Hotel Lincoln erzählte Thomas, dass die Revolutionäre hier zu Zeiten der Diktatur den berühmten argentinischen Rennfahrer Fangio entführt hatten. Als sie ihn nach einigen Tagen wieder frei ließen, hatte er sich zu einem glühenden Verehrer der Revolution gewandelt.

In der Nähe der Universität sahen die Gebäude ein bisschen freundlicher aus, weil es hier Grünflächen und Blumenbeete gibt. Dies war einst eine privilegierte Wohngegend mit schönen, zwar auch renovierungsbedürftigen Villen, die sich bis zur Rampa, der Hauptschlagader des Vedado erstreckt. Hier steht das Hotel Havanna Libre (ehemalig Hilton), das den siegreichen Revolutionären zunächst als Hauptquartier diente. Dort lebte auch Marita Lorenz, nachdem Fidel sie aus New York geholt hatte.

Da die berühmte Eisbar „Copelia“ noch nicht geöffnet hatte, bummelte jede für sich ein bisschen durch die Gegend. Später fanden wir uns alle wieder zum Eisessen ein. Das Eis schmeckte sehr lecker. Inzwischen goss es wieder in Strömen. Thomas hatte Pesos getauscht, um uns das Vergnügen zu bereiten, einmal mit einer alten Taxi-Limousine zufahren. Aber keines der Taxis hielt. Als sich fast alle entschlossen hatten, den Rückweg zu Fuß anzutreten und nur Illo, Thomas und ich übrig blieben, weil ich unbedingt einmal in so einem Auto fahren wollte, erbarmte sich schließlich ein Fahrer. Nun erfuhren wir auch, weshalb alle anderen abgewinkt hatten. Diese alten Fahrzeuge dürfen keine Touristen transportieren. Deshalb mussten wir am Prado, der schönen Prachtstraße, aussteigen, denn am Capitol hätte es womäglich Schweirigkeiten mit der Polizei gegeben.

Nachmittags trafen wir uns wieder mit Manuel. Er führte uns in ein Sozialzentrum, wo wir den Rest des Tages verbrachten. Wir wurden sehr herzliche mit Kaffee und Cuba Libre empfangen und erhielten zunächst einen kleinen Einführungsvortrag von einer Sozialarbeiterin. Sie sprach über die Aufgaben der Einrichtung, die sich vor allen Dingen mit Jugendlichen aus Problemfamilien ergeben. Auch in sozialistischen Ländern gibt es Drogen- und soziale Probleme.

Danach besuchten wir einzelne Einrichtungen, um uns selbst ein Bild machen zu können. Man zeigte uns in einer alten Fabrik eine Künstlerwerkstatt, wo Schmuck, Skulpturen, Töpfer- und andere Arbeiten aus einfachen Materialien gefertigt werden. Man ist sehr erfindungsreich, denn es wird alles verwertet, so gut es eben geht. Ich kaufte für ein paar Dollar Modeschmuck. Den Erlös dürfen die jungen Leute behalten, müssen aber eine kleine Steuer an den Staat abführen.

Dann wurde uns ein frisch angestrichenes grünes Haus gezeigt, das fünf Familien, die obdachlos geworden waren, mit staatlicher Hilfe in Eigenregie  errichtet hatten.

Unser nächstes Ziel war eine sogn. “Wohngemeinschaft”. Um einen kleinen Hof gruppierten sich kleine Wohnungen, in denen meist Einzelpersonen leben. Es war alles sehr einfach. Die elektrischen Sicherungen waren abenteuerlich und auch die Balustrade, die zu den oberen Wohnungen führte, machten nicht den stabilsten Eindruck. Dennoch sah man nur freundliche Gesichter bis auf einen alten Kriegsveteranen, der uns entgegenschlurfte. Vor einer Wohnung wurde frisiert und manikürt, in einer anderen wurde eine kleine Wäscherei betrieben.  Diese Menschen sind sehr arm und leben in zugewiesenene Wohnungen.  In anderen Entwicklungsländern müssten sie auf der Straße leben.

Dann besuchten wir eine medizinische Einrichtung. Es war eine mit einfachen Geräten ausgestattete Ambulanz, in der ein Arzt und eine Krankenschwester für das gleiche Gehalt tätig waren. Vormittags kommen die Kranken zu ihnen, nachmittags machen sie Hausbesuche, und nicht nur bei den Bettlägerigen, sondern auch, um den Familien bei der Gesundheitsvorsorge, wie beispielsweise Hygiene, behilflich zu sein. Vor allen Dingen versuchen sie, Naturheilmittel anzuwenden. Auffällig, und nicht nur in Havanna, sind die vielen Apotheken. Hier erhalten die Menschen Medikamente mit einer geringen Zuzahlung, diejenigen, die sich die nicht leisten können, bekommen sie umsonst.

Zum Schluss ließen wir uns von einer Santera, einer Priesterin, die Santeria- Religion erklären. Sie ist dadurch entstanden, dass die Sklaven aus Afrika zum Katholizismus gezwungen worden waren. Da sie aber ihre alten Religionen nicht aufgeben wollten, identifizierten sie ihre Götter einfach mit den Heiligen der katholischen Kirche. Jeder Heilige hat eine Entsprechung im Santeria-Glauben. Die Gottesdienste werden im eigenen Haus zelebriert. So waren die Räume mit kleinen Altären ausgestattet, auf denen Figürchen, ganz normale Puppen, Pflanzen und Tiersymbole angeordnet waren. Ihnen opfert man, es kann eine Zigarre, Coca Cola oder irgendein Nahrungsmittel sein. Am Eingang der Wohnung hockten ein paar junge Leute mit einfachen Musikinstrumenten, wie Trommeln und Rasseln. Im Hintergrund schaukelte ein offensichtlich geistig behindertes Mädchen in einem Schaukelstuhl. Zum Abschied entlockten die jungen Leute ihren Instrumenten sehr schöne Musik, zu dem ein junges Paar tanzte. Das ganze endete in einer Polonaise, in die auch wir einbezogen wurden.

Im Hauptgebäude gegenüber hatte man schon ein reichhaltiges Büffet fürs Abendessen vorbereitet. Es schmeckte alles ganz vorzüglich. Dann trat eine Sängerin mit einer sehr schönen Stimme auf und trug einige Lieder vor.

Wir alle waren überwältigt von der herzlichen Gastfreundschaft.

Möglicherweise ist dies ein Vorzeigeprojekt, aber so erhielten wir doch einen kleinen Einblick in das soziale Engagement des Landes.

Zum Ausklang des Tages setzten wir uns auf einen Mojito in die Bar, die am Abend zuvor überfüllt war. Auch hier wurde wieder Musik gemacht. Sogar vor der Tür tanzten die Leute, selbst ganz alte Menschen. 

20.01.
Heute lernten wir José kennen, der uns die kommenden drei Wochen durchs Land fahren sollte. Zunächst ging es in den Westteil der Insel. Havanna verließen wir über den Malecon mit seinen schönen, aber vom Zahn des salzigen Meerwassers angenagten Hausfassaden. Auf der Straße standen große Pfützen, und so konnten wir uns gut vorstellen, wie groß die Gewalt der Brandung ist, die oft über die Befestigungsmauer schlägt. Wir machten noch einen Stopp am Regierungsviertel auf dem Platz der Revolution. Da standen Bürohochhäuser wie überall, wobei die Fassade des Industrieministeriums das Fotomotiv schlechthin bot. Die gesamte Fläche ist von einer riesigen Plastik Che Guevaras bedeckt.

Später bewunderten wir vom Busfenster aus die herrlichen, gepflegten Kolonialvillen im Stadtteil Vedado. Es handelte sich um offizielle Gebäude, wie Botschaften, Auslandsvertretungen und Gästehäuser, in denen ausländische Besucher untergebracht werden, wie 1998 der Papst.

Nachdem wir weitere Wohnvororte hinter uns gelassen hatten, erreichten wir die Autobahn und trauten unseren Augen nicht, als wir dort Ochsengespanne, Pferdewagen, Reiter, Radfahrer und Fußgänger entdeckten. Die Fahrbahn war vierspurig, aber mit den wenigen Lkws sicherlich nicht ausgelastet. Wir waren alle sehr aufgeregt. Jeder gestikulierte und machte andere auf irgendetwas für uns Exotisches aufmerksam. Das erste pflügende Ochsengespann war eine Weile Gesprächsstoff im Bus. Thomas hörte sich das alles an und wird wohl gedacht haben, bald werden sie das gar nicht mehr registrieren. So war es dann auch. Ungewöhnlich war für uns natürlich auch, dass so viele Menschen auf den Ladeflächen von Lastwagen transportiert wurden. Manuel erklärte, dass staatliche Fahrzeuge verpflichtet sind, Leute mitzunehmen, wenn noch Platz vorhanden ist. Es gibt Sammelstellen, wo ein Regierungsbeauftragter die Lkws anhält, damit sie Leute aufnehmen. Die stehen dann im Fahrtwind und müssen sich gut festhalten, denn die alten Vehikel fahren ziemlich schnell.

Unsere erste Station war Soróa in der Sierra del Rosario, wo wir einen Orchideengarten besuchten. Ein reicher Mann hatte ihn zur Erinnerung an seine verstorbene Tochter anlegen lassen. An Orchideen gab es, jahreszeitlich bedingt, nicht allzu viel zu sehen, aber die gesamte Gartenanlage beherbergt höchst interessante Bäume, Pflanzen und Blumen, die uns auf einem Rundgang gezeigt wurden. Von einer Terrasse konnten wir anschließend bei Kaffee oder frischgepresstem Orangensaft den schönen Rundblick auf die Berge der Sierra Rosario genießen.

Danach machten wir einen Abstecher zu einem paradiesisch schönen Wasserfall mit Badelagune.

Zur Mittagspause hielten wir an einer Raststätte inmitten einer typisch kubanischen Landschaft mit Tabakfeldern, Königs-und Flaschenhalspalmen, und dazwischen kleine Hütten, die zum Trocknen der Tabakblätter dienen. Die Raststätte bestand aus Säulen, die aus dem Stamm von Flaschenhalspalmen gefertigt waren. Darüber hatte man ein Dach aus Palmenblätter gelegt. Es gab ein lecker gegrilltes Hühnerbein und Zuckerrohrsaft, der in einer altmodischen Handpresse frisch gepresst wurde. 

In Pinar del Rio besichtigten wir eine Tabakfabrik. Hier werden die Original Habanas, jede einzeln, von Hand gedreht. Es ist also kein Wunder, dass sie so teuer sind. Einige Arbeiterinnen reichten uns die Rippen von Tabakblättern als Glücksbringer. Natürlich hofften sie auf eine Gegengabe. Thomas hatte uns geraten, für solche Zwecke die Seife aus den Hotels mitzunehmen. Das war kläglich genug, aber besser als gar nichts. Danach besuchten wir ein Geschäft, das ein großes Sortiment verschiedener Rumsorten anbot. Wir durften probieren, was dazu führte, dass wir in bester Stimmung unser Hotel in den Bergen erreichten. Das Hotel Jasmines soll das schönste im ganzen Land sein, zumindest soweit es die herrliche Lage betrifft. Von allen Zimmern hat man einen schönen Ausblick ins Tal, in dem sich zwischen den grünen Tabakfeldern die Mogotes, das sind Bergkegel, erheben. Zunächst allerdings waren wir entzückt von der Dekoration auf unseren Betten. Die weißen Badetücher waren zu Schwänen geformt, die mit frischen Blüten geschmückt waren. Das fanden wir später in fast allen Hotels vor, manchmal mit Willkommensgrüße, die auf ein Stück Papier oder eine Servierte geschrieben und mit Zeichnungen verziert  waren. In Santa Domingo habe ich zum Trinkgeld noch einen Dankesbrief gelegt.

Den Sonnenuntergang beobachtete ich von meinem Balkon. Das Tal, die Mogotes und das Gebirge im Hintergrund waren in rosa getaucht. Thomas empfahl uns jedoch, den noch schöneren Sonnenaufgang in keinem Fall zu versäumen.

21.01.
Gegen 7 Uhr öffneten sich nach und nach die Balkontüren, denn fast jeder wollte mit Fotoapparat und Fernglas das morgendliche Schauspiel einfangen. Es war noch dämmerig und über allem lag eine unglaubliche Stille. In der Ferne strebten die dunklen Königspalmen aus dem Nebel und zeichneten sich gespenstisch vor den grauen Bergen ab. Hin und wieder sah man in der Ferne zwischen den Tabakfeldern einen einsamen Reiter. Ganz langsam wurde es heller. Zuerst war alles in blassrosa getaucht, das allmählich immer roter wurde, bis in der hellen Sonne alles wieder die natürliche Farbe annahm. Etwa eine Stunde dauerte das gesamte Schauspiel.

Das Frühstück nahmen wir im sonnigen Frühstückssaal ein, wo uns Vögel krümelpickend Gesellschaft leisteten.

Der Besuch der Tabakfabrik war eigentlich nur ein Vorspiel zu dem, was uns an diesem Vormittag erwartete. Durch die Felder wollten wir zu Fuß ins Dorf Vinales schlendern. Wir waren erst ein paar Schritte gelaufen, als uns ein ärmlich gekleideter Mann mit Fahrrad und kaputten Gummistiefeln entgegen kam und strahlend auf Thomas zuging, und ihm und uns allen freundlich die Hand schüttelte. Thomas stellte ihn als Miguel vor. Er hatte ihn zufällig auf seiner letzten Reise getroffen und nun lief er uns wieder über den Weg. Wenn wir Lust hätten, sollten wir ein bisschen auf ihn warten, dann würde er uns alles erklären. Das tat er dann auch sehr anschaulich und gekonnt. Zunächst führte er uns zu seiner Hütte, wo Schwiegertochter und Enkelin uns begrüßten. Sie boten uns eine Tasse Kaffee an, was wir jedoch ablehnten, und Thomas meinte, dass sie sicherlich erleichtert gewesen wären, weil sie gar nicht so viele Tassen gehabt hätten. Außerdem hätte er die Bohnen von einem Nachbarn mahlen lassen müssen, weil er keine Kaffeemühle besaß. Die Kaffeeportionen für die Familie werden in einem Mörser zerkleinert. Aber er zeigte uns das Kaffeerösten, indem er die frischen Bohnen von einem Baum pflückte und sie in einem Topf über offenes Feuer unter ständigem Umrühren schwarz werden ließ. Vorher hatte er für uns Pampelmusen von einem Baum gepflückt, sie aufgeschnitten und uns kosten lassen. So leckere Grapefruit hatte ich noch nie gegessen. Dann holte er getrocknete Tabakblätter aus seiner Hütte und demonstrierte, wie man Zigarren dreht. Einige kauften seine Zigarren zu einem Spottpreis, andere bestellten welche, die er am Abend, nachdem er sie mit Hilfe eines Nachbarn am Nachmittag gedreht hatte, ins Jasmines brachte. D.h. hinein durfte er nicht, aber Thomas ist zum verabredeten Zeitpunkt hinaus gegangen, um sie ihm abzunehmen.

Nachdem er alles auf seinem Anwesen gezeigt hatte, ging er mit uns in die Tabakfelder, erklärte genau, welche Blätter einer Pflanze für welche Zigarrensorte verwendet und wie sie getrocknet werden, er führte uns in das Innere einer leeren Trockenhütte und, weil keine Erntezeit war, konnte er nichts demonstrieren, sondern nur erklären. Jedenfalls wurde uns klar, dass es eine Heidenarbeit ist, nicht nur die Blätter an den Stangen aufzureihen, sondern diese Stangen auch immer wieder auszuwechseln, damit der Tabak gleichmäßig trocknet.  Miguel lief noch ein Stück mit uns, um auf Blumen und Pflanzen am Wegesrand aufmerksam zu machen und überreichte jeder Dame einen Stengel mit kleinen roten Beeren, die wie Marienkäfer aussehen und für die Herstellung von Halsketten verwendet werden.

Kurz bevor er sich von uns verabschiedete, erschien ein Mann, der erklärte, dass er Dichter und Sänger sei und etwas vortragen wolle, was er dann auch mit brüchiger Stimme tat.

Dann machten wir uns auf den Weg nach Vinales, wobei wir den kleinen Palmenhain durchliefen, den wir von unserem Hotel so wunderschön liegen sahen.

Das Dorf gefiel mir gut. Die ziemlich breite, mit großen Bäumen bestandene Hauptstraße, wird von kleinen Häusern gesäumt, die fast alle Terrassen haben, auf denen oft Schaukelstühle stehen. Und immer wieder sah man Kinder in adretten Schuluniformen. Die Älteren tragen orangenfarbige Röcke oder Hosen und die Jüngeren rote. So ist das überall in Kuba. Wir schlenderten ein bisschen durch den Ort, bevor wir ins Hotel zurück kehrten.

Unser Bus stand dann auch schon bald bereit, um uns zu den Mogotes zu bringen. Diese sind von einem Höhlensystem durchzogen, die das Wasser im Laufe der Erdgeschichte in die porösen Korallensteine gewaschen hat. Durch eine dieser Höhlen, die Cueva del Indio, wo man Knochen aus prähistorischer Zeit gefunden hatte, wurden wir mit einem Boot gefahren. An den Wänden hatten sich asu Kalk die bizarrsten Gebilde geformt, denen man mit etwas Phantasie Ähnlichkeiten und Eigenschaften zuordnen konnte.

Da der Nachmittag noch nicht zuende war, schlug Thomas einen Abstecher ins „Tal der Schwestern“ vor. Dort hatte ein Leongilda Gonzales ein riesiges Felsenbild gemalt, das die Evolutionsgeschichte von der Schnecke über den Dinosaurier bis zum Homo sapiens darstellen soll. Schön war es nicht, aber dafür war die kleine Bar schön, an der man einen herrlichen Cocktail mit Kokosmilch mixt.

22.01.
Zum ersten Mal sollten wir heute einen der paradiesisch schönen Strände Kubas auf der Caya Levisa erleben.

Um dort hinzugelangen, mussten wir uns mit einem Boot übersetzen lassen. Der Anlegesteg befindet sich inmitten von Mangrovensümpfen, so dass wir noch einen langen Steg entlang laufen mussten, ehe wir festen Boden unter den Füßen hatten. Für Diejenigen, die schnorcheln wollten, wurde es stressig,  weil das Boot schon 10 Minuten später zum Korallenriff auslief. Ich suchte mir unter einem Palmenblattschirm am traumhaft schönen Sandstrand ein schattiges Plätzchen. Da ein frischer „Norte“ von Amerika herüberwehte (was konnte vor dort auch Gutes kommen) fand ich es zum baden zu kalt. Später ließ ich meinen Rucksack in der Obhut von Doris und Thekla und watete im seichten Wasser am endlosen Strand entlang. An einem einsamen Stück schaute ich den Krebsen zu, wie sie schräg über den Strand rannten und einen mit ihren Teleskopaugen ständig anzugucken schienen. Bei der kleinsten Unruhe verschwanden sie in einem Sandloch.

Als es sich bewölkte und stürmischer wurde, genehmigte ich mir einen ordentlichen Rum pur zum Aufwärmen. Um 16.30 Uhr brachte uns ein Boot aufs Festland zurück, dann traten wir die Rückfahrt nach Havanna an. Thomas hatte uns eine traumhaft schöne Landschaft versprochen. Sie war auch wunderschön, aber da die Dunkelheit sehr schnell einsetzte, konnten wir nicht mehr allzu viel sehen. Da die Beleuchtung auf den Straßen und in den Dörfern sehr spärlich ist, wollten wir auf die Autobahn, die José aber nicht so leicht fand. Jedenfalls haben wir uns einige Male verfahren. Als wir sie dann endlich erreichten, war es stockdunkel. Er musste, um Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer zu warnen, immer wieder die Innenbeleuchtung des Busses anschalten. Gegen 21 Uhr checkten wir wieder im Plaza ein. Im Hotelrestaurant aßen wir noch leckere Pizza und tranken eine Kleinigkeit. Anschließend fiel ich todmüde ins Bett. 

23.01.
Heute machten wir uns auf in Richtung Osten, allerdings mit Verspätung, weil gestern am Strand eine Tüte mit Badeanzügen und einer Schnorchelausrüstung verloren gegangen war,  und Manuel sich erst darum kümmern musste. Und das ist  nicht einfach auf Kuba, denn eben einmal zum Telefon greifen oder das Handy bemühen, geht nicht, weil die Verbindungsnetze etwas begrenzt sind und außerdem oft der Strom ausfällt...

Auf der Autobahn fuhren wir zunächst in Richtung Halbinsel Zapata. Das Autobahnfahren ist auf Kuba nie langweilig, weil viel Fußvolk unterwegs ist, Häuser neben der Fahrbahn stehen und Viehzeug am Straßenrand grast. Unser erstes Ziel war eine Krokodilfarm in den Sümpfen der Halbinsel. Wir passierten eine alte Zuckermühle, in der Castro während der Schweinebucht-Invasion sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Auf der Krokodilfarm konnte man Hunderte von Tieren bestaunen, angefangen bei den Kleinen in der Babystube bis zu ganz ausgewachsenen Exemplaren. Sie liegen so versteinert da, dass man meint, sie lebten gar nicht. Manchmal musste man ganz intensiv hingucken, um die Tiere am Uferrand überhaupt zu entdecken. Ein Wärter legte sich ein Krokodil mit zugebundenem Maul um die Schultern, damit die Touristen ihn fotografieren konnten. Das mochte ich nicht.

Die gesamte Anlage ist mit vielen Souvenirläden und Restaurants bestückt. In den Restaurants kann man Krokodilfleisch essen, manche probierten es auch, ich habe mich derweilen ein bisschen umgeschaut.

Nach Cienfuegos, unserem nächsten Ziel, nahmen wir nicht die Schnellstraße, sondern einen Umweg, der uns an der gesamten Schweinebucht entlang führte. Sie ist ziemlich groß, gesäumt von Sandstränden und kleinen Dörfern. Genau wie die Amerikaner im Irakkrieg, glaubten die Exilkubaner, dass die Menschen, die in dieser Gegend leben, überlaufen und mit ihnen gegen die Regierung kämpfen würden. Wie blauäugig, denn warum sollten Menschen gegen jemanden zu Felde ziehen, der sie soeben vom Joch der Großgrundbesitzer aus regelrechter Sklaverei befreit hatte? Der Spuk war, trotz Luftunterstützung der Amerikaner, dann auch innerhalb von 72 Stunden vorüber. Leider waren Menschen ums Leben gekommen.

Auf unserem weiteren Weg fuhren wir durch ein Dorf, in dem eine riesige Menge Getreide auf der Straße lag. Zunächst glaubte ich, sie sei von einem Lkw gerutscht, aber man hatte das Korn zum Trocknen dort ausgebreitet.

Cienfuegos gefiel mir außerordentlich gut. Wir sind ein bisschen durch die sehr gepflegte Fußgängerzone und zu einer Plaza gelaufen. Später landeten wir in einem Café, wo wir für nur 50 Cent eine gute Tasse Kaffee bekamen und für weitere 30 Cent ein leckeres Stück Kuchen dazu.

Eigentlich wollten wir nur aufs Klo. Davor saß ein junger Mann, der Geld dafür kassierte, aber als Uschi ihm ein Feuerzeug gab, freute er sich so sehr, dass ihm völlig gleichgültig war, ob noch Münzen auf seinem Teller landeten.

Ehe uns der Bus wieder aufnahm, besichtigten wir noch den Palacio Valle, ein Gebäude im maurischen Stil, das ein Sohn von Batista zuletzt als Spielkasino betrieben hatte und heute der Öffentlichkeit zugänglich ist. Von der Dachterrasse hatte man einen fantastischen Rundblick über die gesamte Bucht von Cienfuegos. Da die Gruppe, die vor uns mit Thomas unterwegs gewesen war, einen endlos langen Fußmarsch hat machen müssen, um dort hinzugelangen, hatte er für uns Pferdetaxis organisiert. Als der Kraftstoff nach dem Zusammenbruch des Ostens während der „speziellen Periode“ knapp wurde, führte man wieder Pferdekutschen und-wagen ein. Für uns war das ein Riesenspaß. Leider waren ein paar Übereifrige auf eine Kutsche gesprungen, ehe Thomas eingreifen konnte. Das führte dazu, dass sich unser Pferdchen mit einem überladenden Wagen abquälen musste, während die anderen schon über alle Berge waren. Deren Kutscher nutzte die Gunst der Stunde und kassierte pro Person einen Dollar, obwohl er nur Pesos hätte verlangen dürfen.

Bis Trinidad hatten wir noch eine ziemliche Strecke zurückzulegen. Es gab aber viel Interessantes und Schönes zu sehen, zumal wir zu einem großen Teil auf der Küstenstraße fuhren und so einen grandiosen Sonnenuntergang erlebten. Wie ein glühender roter Ball verschwand die Sonne im Meer.

Es war schon dunkel als wir das Hotel „La Ronda“ in Trinidad erreichten. Der Empfang war großartig. Wir traten in einen wunderschönen Innenhof, wo uns eine Musikgruppe mit kubanischen Rhythmen empfing. Um diesen Hof, in dessen Mitte ein mit Grün und Blumen geschmückter Brunnen stand, zog sich im ersten Stock eine Galerie herum, von der wir in die Zimmer gelangten. Die Zimmer waren einfach, aber sauber. Von den Wänden blätterte zwar die Farbe, es gab nur kaltes, und in der Zeit von 21 bis 6 Uhr überhaupt kein Wasser, aber der Raum war endlich einmal ausreichend beleuchtet. Obwohl es eigentlich die einfachste Unterkunft war, gefiel sie mir am besten. Das Hotel hatte einfach Atmosphäre, was wohl auch daran lag, dass freitags, und wir hatten Freitag, im Innenhof immer ein Gesangswettbewerb, eine Trova, ausgetragen wird und man die Musik bis spät in die Nacht hören konnte.

24.01.
Trinidad ist die älteste und wohl schönste Kolonialstadt des Landes. Davon konnten wir uns bei unserem morgendlichen Rundgang überzeugen. Hier hatten die einstigen Zuckerbarone ihre Stadthäuser errichtet. Um die Plaza de Mayor gruppieren sich die schönsten Häuser und Paläste, deren  Fenster mit holzvergitterten Fenstern versehen sind, aus denen man das Geschehen auf der Plaza beobachten kann, aber selbst nicht gesehen wird. Interessant ist auch die Pflasterung, die zur Mitte der Straße so abfällt, dass eine Rinne entsteht, in der das Regenwasser abfließen kann.

Wir besuchten das Museo Romantico, einen alten Herrensitz, wo viele erlesene Gebrauchsgegenstände, wie Möbel, Gläser und Geschirr ausgestellt sind, die aus ganz Kuba zusammen getragen wurden. Es gab sogar ein Badezimmer mit einer Wanne, die aber keinen Abfluss hatte. Das war sicherlich auch nicht nötig, weil die damalige Herrschaft über ausreichend Sklaven verfügte, die die Wanne leerschöpfen konnten.

Vom ersten Stock hatte man einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt bis hin zur Küste. Später schlenderten wir an der Casa de la Trova vorbei, dann über einen Markt, auf dem vor allen Dingen Handarbeiten angeboten wurden.

Am Nachmittag brachte uns der Bus hinauf in die Sierra del Escambray bis zum Topes de Collantes, der etwa 700 Meter hoch liegt. Hier befindet sich ein Kurhotel noch aus Batistas Zeit (damals nur für Reiche), in dem die Kranken vor allen Dingen mit Naturheilmitteln behandelt werden.

Unterwegs hatten wir einen kurzen Stopp an einem Aussichtspunkt eingelegt, von wo aus man über die ganze Ebene bis ans Meer schauen konnte.

Auf den Topes de Collantes trafen wir einen einheimischen Führer, der deutsch sprach. Auf dem Weg zu einem Wasserfall zeigte und erklärte er einiges, aber meist redete er von seiner Frau und von seinem Kind. Er war ein kleiner Macho, aber recht nett.

Der Weg war schmal und steinig. Je mehr wir uns dem Wasserfall näherten, um so rutschiger wurde es. Auf allen Vieren mussten wir über eine Leiter klettern, und als das geschafft war, über glitschige Steine balancieren. Die Mühen hatten sich gelohnt, denn an der Lagune erwartete uns ein imposanter Wasserfall, der durch eine Schlucht herab stürzte.

Auf dem Rückweg lohnte sich immer wieder, stehen zu bleiben und einen Blick ins Tal zu werfen. Zur Belohnung für die Strapazen gab es am Ende der Wanderung an einem Bauernhof frisch gepressten Orangensaft.

Ein wenig abgekämpft kamen wir ins Hotel zurück. Ich ging unter die Dusche (Wasser gab es noch), wusch mir die Haar und stylte mich für den Abend. Als ich einen letzten Blick in den Spiegel werfen wollte, stand ich im Dunkeln. Inzwischen war die Nacht eingebrochen. 

Aus jedem Zimmer tastete sich jemand mit funzelnder Taschenlampe nach draußen. Das gesamte Viertel war ohne Strom. Wir traten auf die Straße und erlebten, wie auf Kuba Stromkabel repariert werden. Sie hängen sehr improvisiert quer über den Straßen und führen von einem Gebäude zum anderen. Mit viel Palaver und angefeuert von den Untenstehenden, kletterten die Monteure auf die Masten und taten ihr Bestes. Jedenfalls hatten wir wieder Licht als wir später zurückkamen, und unseren Spaß dazu.

Gegessen haben wir an diesem Abend in einem Paladar, das ist ein Restaurant, das privat, meist von einer Familie betrieben wird. Für uns war ein großer Tisch in einem schönen Innenhof eingedeckt, die Speisenfolge war die übliche, aber schmackhaft und liebevoll zubereitet. Das Suchen nach Paladares bereitete Thomas einige Mühe, aber er nahm sie immer wieder auf sich, um uns etwas Besonderes zu bieten.

25.01.
Heute erwartet uns eine besondere Gaudi: Ein Ausflug hoch zu Ross. Außer Illo, die extra mit einem Wägelchen gefahren wurde und vielleicht größere Strapazen als wir auf der huppeligen Wegstrecke erleiden musste, wollten alle reiten. Mir wies man eine Stute zu, mit der ich sehr zufrieden war, denn sie ließ sich willig leiten, d.h. eigentlich nahm sie ihren eigenen Weg, und immer den einfachsten. Ich musste nur aufpassen, dass sie unterwegs nicht fraß, denn gesättigt hätte sie überhaupt keine Lust mehr zum Laufen gehabt. Manchmal scherte sie doch zur Seite aus, um ein paar Zuckerrohrblätter zu ergattern.

Der Ritt verlangte von uns eine Portion Durchhaltevermögen, besonders wenn die Gauchos die Pferde mit „venga, venga“ zu einem leichten Galopp antrieben. Nach ca. 2 ½ Stunde waren wir am Ziel und trauten uns gar nicht abzusteigen, weil wir fürchteten, gleich in die Knie zu sinken. Aber so schlimm war es dann doch nicht. IIlo erschien eine ganze Weile später, weil der Wagen unterwegs gestreikt hatte.

Unter schattenspendenden Bäumen, in einsamer Natur, hatte man für uns eine Tafel gedeckt. Daneben grillten zwei Männer ein Ferkel, das sogar noch die Ohren hatte. Es sah so knusprig aus, dass ich meine Tierliebe vergaß und genussvoll, wie alle, davon aß und von den vielen anderen Köstlichkeiten auch. Man hatte alles sehr liebevoll und aufmerksam gerichtet, sogar eine Schüssel Wasser stand bereit, damit wir uns die Hände waschen konnten. Wir waren alle sehr begeistert und bedankten uns sehr für die Gastfreundschaft.

Nun galt es wieder die Pferde zu besteigen. Beate weigerte sich und hatte schon auf dem Hinweg erklärt, dass sie zurück laufen wolle. Das hat sie dann auch getan und war schneller am Ziel als wir. Nach einer halten Stunde hatten auch wir es geschafft. Obwohl die Hinterteile schmerzten, waren wir begeistert und schwärmten noch einige Zeit von diesem einmaliges Erlebnis.

Für das Abendessen hatte Thomas wieder einen kleinen Paladar ausgeguckt. Das Bier, das wir trinken wollten, musste erst eingekauft werden, den Rum servierten sie in großen Eisbechern, das Geschirr war zusammen gesucht, aber die Kunst des Improvisierens macht einfach den Charme dieses Landes aus.

26.01.
Durch endlose Zuckerrohrfelder führte die heutige Strecke nach Camaguey. Zunächst legten wir aber einen Halt an einem Aussichtspunkt ein, von wo aus man Ausblick auf eine typische kubanische Landschaft hatte. Einige kauften handgearbeitete lustige Puppen, die sich, wenn man sie auf den Kopf drehte, in eine ganz andere Puppe verwandelten.

Im Valle San Luis, dem früheren Tal der Zuckerrohrmühlen, besuchten wir einen 50-Meter hohen Turm, von dem das gesamte Tal überblickt werden kann und der errichtet worden war, um die Sklaven bei der Arbeit beaufsichtigen und Aufstände frühzeitig wahrzunehmen. Ganze Sklavengenerationen hatten für die reichen Kolonialherren geschuftet. Alle Zuckermühlen wurden von freigelassenen Sklaven während des Unabhängigkeitskrieges niedergebrannt. Im Herrenhaus, das heute als Museum genutzt wird, demonstrierte Manuel uns, wie früher Zucker gewonnen wurde. Hier stehen noch einige alte Geräte, wie Zuckerpresse, Zentrifugen etc..

Gegen Mittag erreichten wir Sancti Spiritus, ein kleines verschlafenes koloniales Städtchen . Hier gibt es die älteste Brücke des Landes, ein wunderschönes aus Steinen errichtetes Bauwerk, das über den Yayabo-Fluss führt.

Auf einem kleinen Rundgang zeigte Manuel uns die wichtigsten Gebäude und Plätze des Ortes. Große Belustigung  erregte ein vorbei rasender Motorradfahrer, der in einem Anhänger ein Schwein transportierte. Auch ein offensichtlich Gehbehinderter lenkte unsere Aufmerksamkeit  auf sich, weil er ein Vehikel benutzte, das vermutlich ein umgebautes Fahrrad war, denn er bediente die Pedalen mit den Händen.

Zur Mittagspause kehrten wir zum Fluss zurück, um auf der schattigen Terrasse eines Restaurants, das einmal ein Herrenhaus war, und von wo aus man einen schönen Blick auf die alte Brücke hatte, auszuruhen. Wir bestellten Mittagessen und frischen Orangensaft. Es dauerte bis das Gewünschte gebracht wurde. Der Strom war wieder ausgefallen und so musste der Saft per Hand gepresst werden. Dadurch verspätete sich die Weiterfahrt, aber ich habe die Stille und Beschaulichkeit genossen, die Vögel beobachtet wenn sie unter den Ziegeln der Dächer verschwanden und mich an dem Ausblick auf die bunten Häuser erfreut.

Unterwegs hielten wir an, um bei der Zuckerrohrernte zuzusehen. Mit einer Machete werden die Pflanzen reihenweise in der prallen Sonne geschnitten. Das ist eine mörderische Arbeit. Es bleibt aber nichts anderes übrig, denn wegen des Embargos fehlt es an Erntemaschinen, Ersatzteilen und Sprit. Inzwischen hat man allerdings herausgefunden, dass handgeschnittenes Zuckerrohr ergiebiger und der Zucker schmackhafter ist. Hauptabsatzmärkte sind noch immer die osteuropäischen Länder, allerdings zu Weltmarktpreisen.

Je weiter wir nach Osten kamen, umso augenfälliger wurden Plakate an den Straßen, die Fotos mit Namen sehr junger Männer, auch einiger Frauen zeigten, die als Befreiungs- und Revolutionskämpfer ums Leben gekommen waren. Auffällig, allerdings im ganzen Land, sind auch kleine Gedenkstätten, die den kubanischen Stern zeigen, an dessen Spitzen Namen stehen. Sie erinnern an fünf kubanische Spione, die in Amerika festgehalten werden, weil sie Sabotageaktionen der Exilkubaner aufdeckten, ohne dass ihnen je ein Prozess gemacht wurde. „Sie werden wiederkommen“ ist auf den Inschriften zu lesen.

Camagüey erreichten wir in der Dämmerung. Den Stadteingang markiert ein riesiger Krug, denn Camagüey ist die Stadt der Tinajones, die man einst benutzte, um Regenwasser aufzufangen, weil es in dieser Gegend meist an Wasser mangelte. Den Reichtum einer Familie konnte man an der Anzahl Tinajones, die sie besaß, ablesen.

Wir nahmen Quartier im Grandhotel. Es war recht komfortabel, aber auch hier mussten wir einen Stromausfall hinnehmen. Thomas unternahm mit uns später am Abend einen kleinen Rundgang ums Karree. Weiter gingen wir nicht, weil man sich in dieser Stadt ganz leicht verirren kann. Sie hatte im Laufe ihrer Geschichte sehr viele Piratenüberfälle und Belagerungen hinnehmen müssen und, um sich davor zu schützen, wurde ein kompliziertes Straßenlabyrinth angelegt, in dem sich die Feinde verlaufen sollten. Die Straßen enden an einem zentralen Punkt, an dem dann zugeschlagen wurde, wenn die Feinde entfliehen wollten.

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27.01.
Gestiefelt und gespornt standen wir morgens in der Hotelhalle, aber nachdem die Koffer verladen waren, unternahmen wir erst noch einen interessanten Stadtrundgang. In unserer Begleitung waren zwei Hunde, die am Hoteleingang warteten und während der gesamten Tour mit uns liefen. Gelegentlich bellten sie Leute an oder rannten bellend neben vorbeifahrenden Autos her. Sie verließen uns erst als wir in den Bus einstiegen, der an einer Tankstelle außerhalb der Stadt wartete. Sie werden wohl zurück zum Hoteleingang gelaufen sein, um die nächste Touristengruppe zu bewachen...

Manuel führte uns zur Kathedrale. Wegen Bauarbeiten mussten wir einen kleinen Umweg durch einen wunderschönen Innenhof mit blühenden Sträuchern und dekorativen Tinajones nehmen, um in das Innere der Kirche gelangen. Eine Gedenktafel erinnerte an den Papstbesuch im Jahre 1998.

Unser letztes Ziel war die Plaza San Juan de Dios mit den hübschen Kolonialgebäuden. Tafeln an den Häusern erinnerten an Stadtpersönlichkeiten und –ereignisse.

Wir hatten anschließend noch eine lange Fahrt zu bewältigen, die uns über Las Tunas zunächst nach Bayamo führte, eine Stadt am Fuße der Sierra Maestra, in der noch heute viele Veteranen der Revolution leben. Nachdem wir einen kurzen Gang durch die Fußgängerzone und die umliegenden Gassen gemacht hatten, führte Thomas uns in ein Peso-Restaurant. Das Essen war sehr gut und so spottbillig, dass es aus der Tringeldkasse gezahlt werden konnte.

Die weitere Strecke verbrachten wir dösend und schläfrig, aber als wir in die Sierra Maestra hinauf fuhren, waren alle putzmunter. Die unglaublich steile Straße, die erst 1985 angelegt worden war, bot zwar herrliche Ausblicke, aber erforderte auch Jose´s ganzes Können. Oft musste er bremsend im ersten Gang hinunter fahren und dann im gleichen Gang ebenso steil wieder bergan. Auf beiden Seiten der Straße standen kleine Häuser; Schweine, Schafe und Ziegen, fast alle mit Nachwuchs, fraßen am Wegesrand und schreckten erst auf, wenn kräftig gehupt wurde. Die Leute in dieser Gegend haben sich kleine Fahrzeuge, noch einfacher als Seifenkisten, gebaut, die sie für Transporte benutzen, sich aber auch selbst drauf setzen, wenn es bergab geht.

Santo Domingo ist eine kleiner, nicht einmal im Reiseführer erwähnter Ort im Urwald hoch oben in der Sierra Maestra. Wir wohnten in kleinen verstreut liegenden Häuschen.

Bis auf ein paar Leute, die in der Nachbarschaft leben, waren wir hier ganz unter uns. Es gab ein reichhaltiges Abendessen, untermalt mit kubanischen Rhythmen. Eine kleine Kapelle spielte nur für uns. Sie bestand aus fünf Männern und einer Frau. Ich kaufte eine CD. Noch heute kann ich die einzelnen Stimmen den jeweiligen Sängern zuordnen. Natürlich wurde auch wieder gut getrunken, und so beschlossen wir den Abend recht fröhlich.

28.01.
Auf den heutige Tag war ich sehr gespannt. Wir sollten die Comandancia de la Plata, das Bergversteck der Revolutionäre sehen. Zunächst wurden wir auf die Ladefläche eines Lkws verfrachtet, der mit Allradantrieb ausgestattet war, um die unglaubliche Steigung von zum Teil 40% bewältigen zu können. Ein bisschen mulmig war das schon, weil auf Kuba an allen Ecken und Enden improvisiert wird, aber vielleicht klappt deswegen alles so gut. Wir erreichten ein Plateau, wo uns der Führer erwartete, der uns zur Comandancia bringen sollte. Dieser Mann hatte ein unglaubliches Charisma. Er sprach Spanisch, Englisch konnte er auch, und Manuel übersetzte.

Zunächst wanderten wir etwa 1 ½ Stunde zu einem Bauernhof, wo die Kameras deponiert werden mussten, denn die Comandancia darf nicht fotografiert werden, und es gibt auch keine Ansichtskarten, weil die Anlage nicht kommerzialisiert, vor allen Dingen nicht verfälscht dargestellt werden soll. Allein dieser Bauernhof war schon ein historischer Platz, denn der Besitzer hatte die Revolutionäre sehr unterstützt, indem er ihnen sein Land zur Verfügung stellte, und die Versorgungs- und Waffentransporte durchführte. Er wollte so gerne mitkämpfen und hatte Fidel immer wieder gebeten, ihm eine Waffe zu geben. Fidel antwortete ihm jedoch, er solle mit seiner eigenen Waffe kämpfen: Seiner Gitarre und seinen Liedern, mit der er die Revolutionäre motivierte.

Nach einer weiteren, etwa einstündigen Wanderung erreichten wir eine Hütte, in der Che Guevara einen Vorposten und eine Krankenstation eingerichtet hatte. Danach besuchten wir ein kleines Museum, in dem Originalgegenstände, wie Schreibmaschine, Funkgerät, Kleidung und sonstige Dinge aufbewahrt werden. Zu den einfachen Behausungen der Kämpfer, Pressestelle, und schließlich zum Hauptquartier Castros, führte uns der Rundgang. Alle Gebäude liegen verstreut und gut versteckt unter dem dichten Laub der Bäume. Es war schon ein tolles Gefühl, das alles zu sehen. Fidels Originalbett, das der Bauer angefertigt hatte, steht noch im Schlaftrakt. Ein Kühlschrank mit Einschusslöchern war zu sehen. Man hatte ihn mit einem Muli auf dem einzigen schmalen Pfad, den auch wir gelaufen waren, hinauf gebracht. Flugzeuge hatten die kleine Karawane angegriffen. Das Maultier blieb unverletzt, aber der Kühlschrank wurde getroffen, war aber noch funktionsfähig. Man benutzte ihn vor allen Dingen zum Aufbewahren von Medikamenten.

Wieder am Bauernhof zurück, besorgte unser Führer, der immer lachte und mit seinen schwarzen großen Augen rollte, echten kubanischen Kaffee. So machten wir eine Pause, ruhten uns aus und verzehrten die Schinkenbrötchen und Bananen, die uns vom Hotel mitgegeben worden waren.

Auf dem Rückweg waren meine Gedanken noch immer bei dem, was wir gesehenen hatten, trotzdem genoss ich die sagenhaften Ausblicke auf die Berge der Sierra und den  Pico Turquino, dem höchsten Berg Kubas mit knapp 2000 Metern Höhe. Thomas hatte ursprünglich geglaubt, dass man eben mal weiterlaufen könnten, um zum Gipfel zu gelangen. Dafür braucht man jedoch drei Tage und einen Führer.  Vielleicht will er dieses Trekking eines Tages anbieten...  (Wurde inzwischen verwirklicht, ich war im Winter 2006 wieder dabei !!...)

Wir wurden auf ein kleines Dorf hoch in den Bergen aufmerksam gemacht, dass nur aus sechs Häusern besteht, aber  - wie jedes noch so abgelegene Dorf auf Cuba -  eine Schule und eine Krankenstation besitzt.

Auf dem Parkplatz wartete der Lkw. So ganz wohl war uns allen nicht, wenn wir an die Rückfahrt dachten. Zu Fuß gehen, war auch nicht möglich, weil man an einer steilen, fast senkrechten Kurve gescheitert wäre. Also half nur aufsteigen und beten. Ich hielt die Luft an, als wir die besagte Stelle passierten und atmete erst wieder durch als wir das steilste Stück überwunden hatten. Bald heizten wir hupend, um die Tiere zu warnen, den Rest der Straße hinab bis der Fahrtwind Manuel die Mütze vom Kopf riss. Er trommelte auf das Führerhaus, der Fahrer stoppte, düste ein Stück rückwärts, damit Manuel abspringen und seine Kappe vom Busch pflücken konnte. Diese Pause nutzte ein Fußwanderer, den wir zuvor überholt hatten, um zu uns aufzuspringen.

Wir waren alle so guter Stimmung als wir wieder zurück waren, dass wir erst einmal die Bar ansteuerten, um einen Drink zu nehmen; es wurden mehrere und die Unterhaltung immer lebhafter. Als ich zum Abendessen kam, saßen die anderen noch immer in fröhlicher Runde. Der Abend verlief dann auch entsprechend ausgelassen. Die Musikgruppe fand sich wieder ein und unser charmanter Führer auch, der die jungen Damen für den Rest des Abends unterhielt.

29.01.
Nachdem wir Frühstücksbrötchen und guten Kaffee verzehrt hatten, hieß es Abschiednehmen von dieser schönen und historischen Gegend. José stand eine anstrengende Abfahrt ins Tal bevor, die er aber grandios meisterte. Um die lange Fahrt nach Santiago abwechslungsreich zu gestalten, nahmen wir einen größeren Umweg in Kauf, um über die Küstenstrasse das heutige Ziel anzusteuern. Wir durchfuhren das Gemüseanbaugebiet um Manzanillo, sahen Zuckerfabriken, stiegen einmal sogar aus, um zuzusehen, wie das Zuckerrohr von Eisenbahnwaggons in die Mühle transportiert wurde, und freuten uns über die Dinge am Wegesrand. In dieser Gegend waren die Revolutionäre mit der Granma gelandet. Viele Tafeln und Bilder erinnern an die Leute, die durch die Bombardierungen der Batista-Soldaten ums Leben kamen. Nur 23 Kämpfer überlebten, die sich dann zur Sierra Maestra durchgeschlagen hatten.

Dass wir all das heute noch einmal sehen würden, ahnten wir natürlich nicht. Als wir gegen Mittag auf die Küstenstraße fahren wollten, teilte uns ein Kontrollposten mit, dass die Straße wegen eines Erdrutsches gesperrt sei. Wir konnten es nicht fassen, und Manuel befragte noch einen Motorradfahrer, der das bestätigte und erklärte, dass wir an der Gerölllawine nicht einmal wenden könnten. 300 km waren wir also umsonst gefahren. Wir mussten zurück bis Bayamo (wo wir eine kurze Kaffeepause einlegten), um auf die Autobahn nach Santiago zu gelangen. Ein bisschen wurden wir entschädigt, denn wir erlebten nicht nur einen sagenhaften Sonnenuntergang, sondern auch herrliche Ausblicke in die Landschaft. An der Straße boten junge Leute Apfelsinen zum Kauf an, die wie eine Kette aufgereiht waren. Das hatten wir bisher noch nicht gesehen. Der arme José hatte viel an diesem Tag geleistet. Dafür erhielt er ein kleines Extratrinkgeld aus der Gemeinschaftskasse. 

Es dunkelte schon, als wir im Casa Granda eincheckten. Auf dieses Hotel hatte ich mich besonders gefreut, weil jemand in einer Fernsehsendung geäußert hatte, dass es für ihn nichts Schöneres gäbe, als auf der Terrasse des Casa Granda zu sitzen und dem Treiben im Parque Cespedes zuzuschauen.

Heute abend genossen wir erst einmal die Atmosphäre auf der Dachterrasse mit Ausblick auf den beleuchteten Platz, dem Hafen in der Ferne und den Mond, der auf Kuba ziemlich schräg hängt. Obwohl sich gegenüber meinem Zimmer die Casa de la Trova und gleich daneben eine Tanzschule befanden, schlief ich sofort ein und wachte erst wieder auf, als es draußen schon hell war.

30.01.
Das Frühstücken auf der Dachterrasse war ein Genuss, nicht nur wegen der Köstlichkeiten am Buffet und der lieblichen Morgenluft, sondern auch wegen des schönen Ausblicks auf die in Sonnenlicht getauchte Stadt.

Da wir es gestern nicht mehr geschafft hatten, holten wir heute den Ausflug zur Basilika El Cobre nach. Diese Kirche ist der Nationalheiligen Kubas, der Heiligen Jungfrau des Kupfers gewidmet, die gleichzeitig als die afrokubanische Göttin Ochun verehrt wird. So ist dieser Ort die Pilgerstätte für alle kubanischen Religionen. Die unmöglichsten Dinge, wie Briefe, Kinderkleidung, sogar einen Fernsehapparat findet man dort als Votivgaben in Glasvitrinen ausgestellt. Hemingway hatte der Heiligen seine Nobelpreismedaille gestiftet, die gestohlen wurde, später jedoch wieder aufgetauchte. Jetzt wird sie unter Verschluss gehalten. Auch Castros Mutter hatte eine Plakette gebracht und die Jungfrau gebeten, ihren Sohn zu beschützen, was diese ganz offensichtlich getan hat.

Man konnte von der Terrasse vor der Basilika die ehemaligen Kupferminen sehen, die Santiago reich gemacht hatten.

Beim anschließenden Stadtrundgang führte uns Manuel zum Museum des Untergrundkampfes, vor der Revolution ein Polizeiquartier, das 1956 von bewaffneten Untergrundkämpfern angegriffen wurde, um von der Granma-Landung abzulenken. Viele junge Leute kamen ums Leben, die heute als die Helden von Santiago verehrt werden. Auf die malerische Treppenstraße Padre Pico  warfen wir einen Blick, besichtigten dann das Rum-Museum, wo uns leckerer Rum angeboten wurde, und gingen dann zum Karnevalmuseum, um dort die aufwendig gearbeiteten farbenprächtigen Karnevalkostüme zu bestaunen.

Der Rest des Tages war frei. Ich verbrachte einen Teil des Nachmittags auf der Kaffeeterrasse des Hotels, um dem Treiben auf der Plaza zuzusehen. Da waren zwei alte Männer, die jedes Mal, wenn Touristen in Sicht waren, ihre Gitarren an sich rissen, um Guantamera anzustimmen. Gingen die Leute vorüber, legten sie die Instrumente wieder beiseite und wiederholten das Spielchen, wenn sich eine andere Gruppe näherte. Da drehten Kinder auf einem fahrradähnlichen Gefährt, das von einem jungen Burschen pedaletretend fortbewegt wurde, Runde für Runde um den Platz.

Später unternahm ich einen Schaufensterbummel durch die Hauptgeschäftsstraße. Es ist herzlich wenig, was man dort kaufen kann, selbst in den Dollarläden. Auffällig sind die kleinen Imbissstände, die an jeder Straßenecke etwas anbieten. Auf der Plaza de Dolores, wo bei Musik lebhaftes Treiben herrschte, blieb ich ein Weile, um die bunte Atmosphäre zu genießen. Mit einem jungen Mann kam ich ins Gespräch, der erzählte, dass er für Kuba als Boxer an der Olympiade in Madrid teilgenommen hätte.

Thomas hatte wieder einen Paladar für uns gefunden, wo wir extrem leckere und preiswerte Langusten serviert bekamen, die ersten meines Lebens. Dieser Paladar war sehr typisch, man lief durch Wohnräume und Küche ehe man in den Innenhof gelangte, wo für uns gedeckt war.

Später boten uns die Besitzer CDs, Havanna-Zigarren, Rum und andere Dinge für einen Bruchteil des Preises an, der in den Geschäften gezahlt werden muss. Das war sehr verlockend, und einige nutzten die Gelegenheit, obwohl klar war, dass das wohl kaum mit rechten Dingen zugehen konnte..

Höhepunkt des heutigen Tages war der Besuch in einem Musik- und Tanzclub, wo es selbstverständlich Livemusik gab. Thekla, Doris und ich hatten Schaukelstühle ergattert, von denen wir das gesamte Treiben im Lokal beobachten und kommentieren konnten. Da war ein blutjunger Bursche, der mit einer ziemlich alten Tante rumschmuste, und uns beim Tanzen über ihre Schulter zuzwinkerte, weil er merkte, dass wir uns amüsierten. Später fragte er, ob wir gerne lachen. Das bestätigten wir, denn die Mojitos  hatten für beste Stimmung gesorgt. Es gab Musik und Tanz ohne Ende. Einer von uns hatte eine schöne Kubanerin auf dem Schoß, andere tanzten, sogar wir Oldies wurden aufgefordert.

An den Wänden des Lokals hingen hübsche Karikaturen von Fidel Castro. Eine gefiel mir besonders gut, die habe ich gekauft. Nun fällt mein erster morgendlicher Blick auf Fidel Castro.

Gut gelaunt traten wir fast alle um Mitternacht den Heimweg an.

31.01.
Am Morgen waren wir wieder vollzählig.

Manuel zeigte uns zuerst das älteste Haus Kubas, die Casa Diego Velázques, das 1516 erbaut worden war und jetzt als Museum dient. Es ist ein wunderschönes Haus mit großen, gut durchlüfteten Räumen und einer Galerie, die um einen Innenhof herumläuft, in dessen Mitte ein Brunnen steht. Ganz besonders gut gefallen haben mir die holzgeschnitzten Fenstergitter, die den Blick nach außen frei geben, aber nach innen nicht eingesehen werden können. Die Zimmerdecken sind mit edlem Holz vertäfelt, die Möbel aus Edelhölzern in Europa gefertigt. Im Innenhof existiert noch ein Ofen, in dem einst das Aztekengold eingeschmolzen wurde, bevor es nach Spanien verschifft wurde.

Am Parque Cespedes gibt es noch ein sehr schönes Gebäude im Kolonialstil, mit blauen Fensterläden und einem großen Balkon. Es ist das Rathaus. Wir waren ein bisschen enttäuscht, als wir hörten, dass es erst 1950 erbaut worden war. Historisch ist es dennoch, weil Fidel Castro von dem Balkon im Jahre 1959 den Sieg der Revolution verkündet hatte.

Unser nächstes Ziel war die Moncada-Kaserne, die 1953 von den Revolutionären gestürmt worden war. Der Putsch war außerordentlich gut geplant und wäre auch gelungen, hätte ein Wachsoldat nicht bemerkt, dass die Kämpfer keine Militärstiefel trugen. Der Angriff wurde blutig niedergeschlagen. Diejenigen, die nicht sofort getötet wurden, gerieten in Gefangenschaft und wurden grausam zu Tode gefoltert. Castro verbannte man auf eine Insel, später wurde er durch Intervention des Bischofs von Santiago begnadigt und ins Exil nach Mexiko abgeschoben. Die Kaserne dient heute als Schule, wie alle Kasernen aus der Batistazeit. Einen Trakt hat man als Museum hergerichtet, in dem vor allem Schrift- und Fototafeln ausgestellt sind, auch ein Modell der Kasernenanlage, an dem demonstriert ist, wie der Angriff vonstatten ging. Man zeigt auch die Folterkammer und die Räume, in denen der Geheimdienst die Verhöre durchführte, sowie blutverschmierte Uniformen der Folteropfer. Der Presse versuchte man damals weiszumachen, dass die Leute beim Überfall auf die Kaserne ums Leben gekommen seien, aber einem aufmerksamen Journalisten entging nicht, dass die blutigen Uniformern keine Einschusslöcher aufwiesen.

Castro wurde später der Prozess gemacht, bei dem er seine berühmte Rede hielt, die mit den Worten endete „Verurteilt mich ruhig, das ist nicht wichtig: die Geschichte wird mich freisprechen“. Eine Kopie dieser Rede wird dort aufbewahrt.

Wir fuhren weiter zum Morro, der grandiosen spanischen Befestigungsanlage an der Hafeneinfahrt von Santiago. Aber nicht die Darstellung der letzten Seeschlacht am Ende des Befreiungskrieges von 1898 und das Labyrinth von Verliesen, Katakomben und sonstigen Räumen sind diesen Besuch wert, sondern der einmalige Ausblick von den verschiedensten Punkten der Anlage auf die kleine Insel Granma, das tiefblaue Meer, die weißen Strände, eingefasst von einem grünen Vegetationsband und den Bergen, die sich im Horizont verlieren.

Ein weiteres gemeinsames Programm war für diesen Tag nicht vorgesehen. Ich unternahm wieder einen Streifzug durch die Stadt und ging dann zum Parque Cespedes zurück, wo sich inzwischen eine große Musikkapelle eingerichtet hatte, hörte eine Weile der Musik zu und  wechselte später auf die Dachterrasse unseres Hotels. Schon unten war mir aufgefallen, dass Männer mit Kinderrädern und kleinen Tretautos über den Platz liefen. Von oben sah ich dann, dass sie zur Kinderbelustigung dienten. Es war anrührend, mit welcher Begeisterung die Kleinen ihre Runden drehten. Etwas beschämt musste ich an unsere Wohlstandskinder denken, die gleichzeitig BMX-Rad, Rennrad und Mountainbike besitzen.

Nach dem Abendessen an der Plaza de Dolores gingen einige in den „Patio de los Abuelos“ aufsuchen, ein Lokal an der wunderschön beleuchteten Plaza de Marte, in dem alte Herren zum Tanz aufspielen. Andere gingen zur Casa de la Trova, später trafen wir uns auf der Dachterrasse des Hotels für einen kurzen Absacker.

01.02.
Heute brauchten wir erst spät zu starten, weil wir nur eine kurze Strecke zu bewältigen hatten. Da ich den Koffer bereits gepackt hatte, machte ich mich nach dem Frühstück auf den Weg, um die Kathedrale zu besichtigen, die direkt gegenüber lag, aber nicht immer geöffnet war. Obwohl Messe gelesen wurde, standen die Türen offen, so dass ein Kommen und Gehen herrschte, und jeder ungeniert durch die Kirche laufen konnte.

Vor der Kathedrale traf ich einen alten Mann, der mir, als er merkte, dass ich Deutsche bin, von seinem deutschen Freund Max Schmeling erzählte, für den er schon einmal etwas getragen hätte. Immerhin war er so gut informiert, dass er wusste, dass Schmeling eine Coca-Cola-Niederlassung in Hamburg besitzt.

Auf dem Cayo Saetia, der Insel, auf der wir die nächsten drei Tage entspannen wollten, kamen wir recht früh an, so früh, dass die Zimmer noch gar nicht gerichtet waren.

Die Ferienanlage ist sehr schön. Auf einem ausgedehnten Areal liegen verteilt kleine Häuser. Das Restaurant machte einen sehr gepflegten Eindruck, obwohl wir mittags nichts zu essen bekamen und Ewigkeiten auf ein belegtes Brötchen warten mussten, das allerdings sehr gut schmeckte.

Wir hatten die gesamte Insel für uns allein, denn sie ist  auch Urlaubsdomizil für Regierungsfunktionäre, die aber nur in der Ferienzeit kommen.

Gleich, nachdem ich meinen Koffer ausgepackt hatte, bin ich hinunter ans Meer gegangen. Die Küste ist felsig, aber immer wieder stößt man auf kleine sandige Badebuchten. Ich bin etwa 1 1/2 Stunde allein am Strand entlang gelaufen und entdeckte dabei große leere Schneckenhäuser, kurios gemusterte Steine und vieles mehr. Da ich mich aber nicht zu weit von der Gruppe entfernen wollte, habe ich irgendwann wieder kehrtgemacht und blieb dann bei den anderen in einer kleinen Badebucht bis es schummrig und kühl wurde, und wir zu unseren Häuschen zurückgekehrten.

An Nachtruhe war zunächst nicht so recht zu denken, denn als ich das Licht gelöscht hatte, hörte ich Schritte, lautes Rumoren und Knacken in der Palme, die vor meinem Fenster stand. Schließlich las ich im Reiseführer nach, was einem in diesem Land so belästigten könnte, und bin dann beruhigt eingeschlafen, als ich merkte, dass das nichts Ungewöhnliches war.

02. 02.
Nach dem Frühstück liefen wir zur eigentlichen Badebucht der Insel.  Hier waren wir zunächst ganz unter uns und konnten uns jeder ein einsames Plätzchen am weißen, sandigen Strand suchen. Das tiefblaue und herrlich warme Meer lockte zum Baden. Wenn man um eine Klippe herum schwamm, sah man – auch ohne Schnorchel - viele schwarz-gelb getigerte und schwarz-weiß gestreifte Fische, die sich in dem glasklaren Wasser tummelten.

Zum Mittagessen wurde ein Touristenbus am Restaurant erwartet, aber da waren wir schon wieder weg. Den Nachmittag verbrachte ich lesend im Schaukelstuhl vor meiner Hütte. Plötzlich hörte ich Schritte, die mich fatal an die nächtlichen Geräusche erinnerten. Auf dem gepflasterten Weg kam ein Leguan zielstrebig auf mich zumarschiert, bog dann aber ab, um sich ein sonniges Plätzchen neben meiner Behausung zu suchen. Dort verbrachte er fast den gesamten Nachmittag. Erst als Leute kamen, um ihn zu besichtigen, verschwand er in einem Erdloch. Ein weiterer Besucher stellte sich ein, nämlich ein kleiner schwarzer Kolibri, der an den Blüten des großen Kaktus, der vor meiner Hütte stand, Honig naschte. Am nächsten Nachmittag kam er wieder.

Nach dem Abendessen kam Thomas mit einer Taschenlampe, um uns die sogn. Baumratten zu zeigen, die durchs dunkle Gelände turnten. Es waren die Tierchen, die mich in der Nacht hatten glauben lassen, dass ein Baum gefällt wird. Sie sind aber gar keine Ratten und sehen auch nicht so aus, sondern eher wie Biber und sie sind recht niedlich.

03.02.
Noch vor dem Frühstück brachen wir zu einer Safari auf. Auf der Insel wurden während der Batistazeit  afrikanische Tiere, wie Zebras, Antilopen und Büffel angesiedelt (auf unserem Terrain hielt man zwei Strauße und ein buntes Papageienpaar), damit reiche Leute auf Großwildjagd gehen konnten. Nach der Revolution diente der Park dazu, ausländischen Staatsgästen, wie Breschnew, Jagdausflüge zu ermöglichen.  Heute wird nur noch Fotosafari gemacht.

In zwei Jeeps fuhren wir durch die taufrische Landschaft. Wir sahen unzählige Antilopen, die sich so vermehrt haben, dass auf unserem abendlichen Speiseplan Antilopenfleisch angeboten wurde. Auch einige Büffel zeigten sich an einem Wasserloch, und in den Zweigen abgestorbener Bäume hockten Schwarzgeier mit ihren knallroten Schnäbeln. Zuletzt wurden wir an einen Tümpel gefahren, wo ein einsames Krokodil sein Dasein fristete.

Gegen 9 Uhr waren wir wieder zurück und freuten uns aufs Frühstück. Besonders gern aß ich Guavenmarmelade. Unser Jeepfahrer hatte uns eine Frucht zum Kosten vom Baum gepflückt. Man isst sie mit Schale; sie schmeckt einfach köstlich.

Wer Lust hatte, konnte wieder zum Strand laufen. Ich suchte verzweifelt meinen Sonnenhut, auch die anderen suchten irgendwelche Sachen. Es gab ein Zimmermädchen, das an Aufräumungswut litt. Jedenfalls fand man nichts an dem Platz wieder, an den man es gelegt hatte.

Der Strand gehörte uns wieder ganz allein, bis gegen Mittag ein Bus mit Deutschen eintraf, die der Einsamkeit und Stille mit viel Getöse ein Ende setzte.

Den Rest des Nachmittags verbrachte ich wieder lesend mit Kolibri und Leguan.

04.02.
Der heutige Tag brachte schon so etwas wie Abschied, von José hatten wir uns bereits am Vorabend offiziell verabschiedet, obwohl er uns noch nach Holguin brachte, von wo aus wir mit dem Flugzeug nach Havanna zurückkehren sollten. Noch einmal durchfuhren wir die wunderschöne kubanische Landschaft mit Königspalmen, Zuckerrohrfeldern und kleinen Dörfern.

Am Flughafen sagten wir José endgültig auf Wiedersehen. Er musste mit dem Bus zurückfahren, unterwegs aber Leute aufnehmen, weil auf Kuba kein staatliches Verkehrsmittel leer fahren darf.

Der Flughafen war menschen- und flugzeugleer. Die Sicherheitskontrollen waren sehr intensiv, weil einige Male versucht worden war, Maschinen nach Miami zu entführen. Dieser Flug war eine weitere Attraktion der Reise. Wir stiegen in eine alte Propellermaschine, eine Illjuschin, etwa 30 Jahre alt. Platzreservierungen waren nicht üblich. Jeder ließ sich dort nieder, wo gerade frei war. Als Service wurden ein Bonbon und ein Glas Wasser angeboten. Inge saß neben mir, mein Nachbar zur anderen Seite war ein freundlicher junger Mann, den ich am Abend in dem Restaurant, wo wir Abschied feierten, wiedersah. Er trat dort als Sänger und Musiker auf.

In Havanna zurück zu sein, war, wie nach Hause kommen. Die Plätze und Gebäude, an denen wir vorüber fuhren, waren schon so vertraut.

Fürs Abschiedsessen hatte Thomas ein besonders schönes Lokal in einem Innenhof ausgesucht. Zwar stolzierten Hühner unter den Tischen umher, um Krümel aufzupicken, und wir hätten etwas vermisst, wenn sie nicht gewesen wären.

Von der Musikgruppe kaufte ich eine CD, als Erinnerung an meinen Mitpassagier, aber auch, weil mir die Musik gefiel.

Doris hielt eine sehr schöne Abschiedsrede für Thomas. Sie erinnerte an alles, was er uns geboten hatte und dankte ihm in unserer aller Namen ganz herzlich dafür.  

05.02.
Da wir erst um 19.30 Uhr abgeholt werden sollten, stand uns noch ein ganzer Tag zur Verfügung. Thomas hatte am Abend vorher einen Orientierungsgang mit uns unternommen, damit wir uns auch alleine zurecht finden konnten.  Ich schlenderte gemeinsam mit Hannelore über den Markt hinter der Kathedrale. Es wurden die üblichen Souvenirs und viel selbstgebauter Kitsch angeboten.

Später ruhten wir in einem Straßencafé aus, wo natürlich auch wieder Lifemusik geboten wurde. Ein etwa sechsjähriger Junge schwang Rumbakugeln in einem solchen Rhythmus, dass die Leute stehen blieben, um ihm kleine Geschenke zu geben. Die Oma, die etwas abseits stand, freute sich über das Geld, was er ihr immer sofort stolz ablieferte. Selbst die älteren Musiker der Kapelle hatten Spaß an dem Kleinen.

Hannelore und ich trennten uns, ich ging zum Rummuseum, um ein paar Mitbringsel einzukaufen. Auf diese Weise kam ich auch noch zum Fährhafen und zu den anderen Hafenanlagen der Stadt. Ich nahm Abschied von all den wunderschönen Plätzen, schlenderte noch einmal an schönen Gebäuden und Palästen vorbei, machte einen Abstecher zum Buchmarkt auf der Plaza del Armas, und ging dann ins Hotel zurück, um die Flaschen loszuwerden. Anschließend machte ich mich noch einmal auf den Weg über den Prado zum Malecon.

In der Nähe unseres Hotels fragte mich ein junger Mann nach der Uhrzeit. Ich war bereits alarmiert, weil das ein paar Stunden früher schon jemand getan und dann versuchte hatte, mich in ein Gespräch zu verwickeln. Auch dieser Mann begann ein Gespräch, schwärmte von Deutschland und zeigte mir schließlich ein Foto, auf dem er mit Frau und Kind zu sehen war. Seine Frau stand lächelnd daneben. Dann fragte er, ob ich seinem Baby nicht ein bisschen Milchpulver kaufen könne. Ich ließ mich darauf ein, weil mich einfach interessierte, wie so ein Spielchen abläuft. Ich wurde zu einem Pesoladen ganz in der Nähe geführt. Dort schob man mir drei Kilo Milchpulver über den Tresen. Ich protestierte und erklärte, dass ich höchstens ein Paket kaufen würde. Dafür wollten sie 12 Dollar haben. Ich bin sicher, dass sie das Geld kassiert und dasselbe Paket dem nächsten Dummen angeboten hätten. Auch das habe ich abgelehnt und bin gegangen. Nur in Havanna wird man gelegentlich derart belästigt..

Um 16 Uhr war ich mit Thekla und Doris auf der Dachterrasse des Hotels verabredet. Die beiden hatten dort oben schon am Nachmittag zuvor ein hübsches Eckchen mit einer Bar entdeckt. Inge ist mitgegangen. Fünf Pinacoladas haben wir jeder getrunken, und als Thomas sich später zu uns gesellte, waren wir bereits in der allerbesten Stimmung.

Manuel erschien, aber es war kein Bus da. „Was machen wir denn jetzt?“, fragte Thomas grinsend; nervös klang das nicht, aber worauf das hinaus lief, konnten wir beim besten Willen nicht ahnen. Wir glaubten, unseren Augen nicht zu trauen, als einige Oldtimer-Limousinen vorfuhren. Als wir schließlich alle verstaut waren, ich in einem alten Chevrolet, ging es mit großer Gaudi in Richtung Flughafen. Unterwegs überholten Thomas und Manuel uns in einem roten Cabriolet. Diese Fahrt war das letzte I-Tüpfelchen auf unserer an Abwechslungen so reichen Reise.

Nach dem Einchecken setzten wir uns zu einer letzten gemeinsamen Bierrunde in die Cafeteria. Thomas hatte sich bereits am Nachmittag ein Privatquartier gesucht, weil er noch weitere drei Wochen alleine durchs Land reisen wollte, um neue Erfahrungen für zukünftige Unternehmungen zu sammeln. Er nahm uns alle zum Abschied noch einmal herzlich in den Arm. Später, als er wieder nach Deutschland zurückgekehrt war, schickte er einen Bericht über all das, was er in den drei Wochen noch erkundet hatte.  (Später ist daraus das Trekking über den Pico Turquino geworden..)

Der Abschied von Kuba fiel mir nicht leicht. Es war alles so ganz anders gewesen, als ich dachte. Die Leute sind zwar arm im Sinne von einfach, aber es gibt kein solch schreiendes Elend wie in vergleichbaren Entwicklungsländern wie Haiti oder Nicaragua etc.. Sie haben keine Angst und sind auch Ausländern gegenüber nicht devot, sondern selbstbewusst und immer fröhlich. All das Gesehene und Erlebte war eine so große Bereicherung, die ich in keinem Fall missen möchte.

Zu Hause brauchte ich einige Tage, um mich wieder zu akklimatisieren. Etwa eine Woche habe ich mich vor dem Einkaufen gedrückt, weil ich den Konsumterror bei uns einfach noch nicht so schnell verkraften konnte...  

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